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ED-Behandlung

Wer sich an Aktionen beteiligt, hat gute Chancen, früher oder später einer erkennungsdienstlichen Behandlung (ED-Behandlung) unterzogen zu werden. Hier möchten wir euch darüber informieren, was es damit auf sich hat und wie ihr euch in solchen Situationen am besten verhaltet.

Die erkennungsdienstliche Behandlung

Wer sich an Aktionen beteiligt, hat gute Chancen, früher oder später einer erkennungsdienstlichen Behandlung (ED-Behandlung) unterzogen zu werden. Hier möchten wir euch darüber informieren, was es damit auf sich hat und wie ihr euch in solchen Situationen am besten verhaltet.

Was ist eine ED-Bahnadlung?

Eine ED-Behandlung ist die Erfassung von verschiedenen personenbezogenen Daten durch die Polizei und beinhaltet in der Regel standardisierte Fotoaufnahmen (Profil, Frontal) sowie die Abdrücke aller zehn Finger, in einigen Fällen auch von Handflächen oder Ohren. Hinzukommen kann die Erfassung auffälliger Körpermerkmale wie zum Beispiel Tätowierungen, Narben oder Muttermale. Daneben gibt es einen Katalog persönlicher Fragen, die ihr allerdings nicht beantworten solltet. Lasst euch auf keine Gespräche mit den Cops ein, denn es gibt keine ‚unwichtigen Fragen‘. Die Polizei hat keinen Anspruch auf Informationen zu Themen wie Rechtsoder Linkshänderin, Raucherin, Fremdsprachenkenntnisse, Schuhgröße, Familienverhältnisse oder Führerschein usw. Lasst euch davon nicht unterkriegen, trefft euch im Anschluss mit Freund*innen, redet über Sorgen und informiert eure örtlichen Antirepressionstrukturen. Solche Maßnahmen sind Teil der staatlichen Repression und Einschüchterungsversuche.

Verschiedene Formen der ED-Behandlung

Grundsätzlich muss zwischen zwei verschiedenen Formen der ED-Behandlung unterschieden werden: der repressiven, sich also auf eine konkrete Straftat beziehenden und der präventiven zur so genannten Gefahrenabwehr. Hieraus ergeben sich – bei schriftlichen Vorladungen zur ED-Behandlung – unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten für euch.

  1. Die repressive ED-Behandlung (§ 81b 1 StPO)

Hierbei handelt es sich um die Maßnahme, die in der Regel nach einer Festnahme wegen einer Straftat vorgenommen wird und sich daher auf etwas Zurückliegendes bezieht. Sie soll der Identifizierung der*des Tatverdächtigen dienen. Damit die Cops eine solche ED-Behandlung anordnen bzw. durchführen können, muss es strafrechtliche Ermittlungen geben. Es muss also Spurenoder Bildmaterial aus einer „Straftat“ oder eine (Polizei-) Zeug*in vorhanden sein.Wurden Fotos und Fingerabdrücke von euch aufgenommen, werden diese dann meist mit Filmaufnahmen von Demos abgeglichen. Um die Identifizierung zu erleichtern, möchte die Polizei manchmal Fotos von euch mit Vermummungsmaterial oder anderen Kleidungsstücken. Das müsst und solltet ihr auf keinen Fall mitmachen, denn ihr seid nicht verpflichtet, bei eurer eigenen Strafverfolgung aktiv mitzuwirken. Das bedeutet, ihr müsst keine bestimmten Haltungen einnehmen (z. B. Wurfbewegung vorführen) und bei keinerlei Kostümierung mitwirken (z. B. Kapuze aufsetzen, Schal hochziehen etc.).

Achtung: Es gibt hier nicht die Option, einen Widerspruch einzulegen. Solltet ihr dennoch einen solchen formulieren, kann es, je nach Polizei und Bundesland, zu kostenpflichtigen Entscheidungen (Widerspruchsverfahren) kommen. Das bedeutet, während einer ED-Behandlung ist die Maßnahme rechtlich nicht zu verhindern.

Ihr habt allerdings die Möglichkeit, die ED-Behandlung im Nachhinein gerichtlich überprüfen zu lassen (durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, nach der StPO). Dabei geht es meistens um den Umfang der Maßnahme. Sollte eine Straftat beispielsweise von einer Person mit langärmligem Shirt begangen worden sein, ist es nicht rechtmäßig, euer Oberarmtattoo zu dokumentieren. Gibt es keine sichergestellten Gegenstände, dann machen Fingerabdrücke keinen Sinn (sind rechtlich „unverhältnismäßig“). Wurden Personen beim Weglaufen gesehen, kann die Anfertigung von Bildern zur Erstellung einer Lichtbildmappe in der Regel allerdings rechtmäßig sein. Grundsätzlich handelt es sich hierbei immer um eine Einzelfallprüfung, weswegen ihr eine*n Anwält*in zu Rate ziehen solltet. Das gleiche Recht auf gerichtliche Entscheidung gilt auch bei Vorladungen. Solltet ihr also eine Vorladung zur strafrechtlichen ED-Behandlung erhalten, lässt sich mit einer*m Anwält*in schon im Vorhinein der Umfang der Maßnahme beschränken.

  1. Die präventive ED-Behandlung (§ 81b 2 StPO)

Hierbei handelt es sich um eine vorbeugende polizeiverwaltungsrechtliche Maßnahme, die künftige Straftaten verhindern soll (so genannte Gefahrenabwehrmaßnahmen), zu der ihr in der Regel schriftlich vorgeladen werdet. Eine Ausnahme, bei der die präventive ED-Behandlung vor Ort und ohne Vorladung vollzogen wird, ist beispielsweise bei Personalienfeststellungen bei Demonstrationen im Zusammenhang mit Platzverweisen oder sonstigen polizeilichen Maßnahmen. Im Fall einer Vorladung zur präventiven ED-Behandlung kann Widerspruch eingelegt werden, der laut Gesetz eine aufschiebende Wirkung hat. Diesen solltet ihr dann mit einer*m Anwält*in einlegen, um die Anordnung rechtlich zu überprüfen.

Macht Gebrauch von eurem Aussageverweigerungsrecht! Ihr müsst und solltet bei Polizei und Staatsanwaltschaft nichts sagen (außer den Infos auf eurem Personalausweis plus einer groben Berufsbezeichnung und eurem Familienstand). Außerdem: Nichts unterschreiben – das ist euer gutes Recht! Bei Unsicherheiten, Fragen oder Problemen: Nehmt Kontakt zur nächsten Ortsgruppe der Roten Hilfe oder euren Antirepressionsstrukturen auf.

Wo kann die ED-Behandlung durchgeführt werden?

Meistens finden ED-Behandlungen auf der Polizeistation statt. Hier kann sich die Polizei der vollständigen Kontrolle der Situation sicher sein, und es ist schwerer für euch, euch der Maßnahme zu entziehen. Bei Widerstand kann die Polizei die Maßnahme erzwingen und euch die Fingerabdrücke gewaltsam abnehmen – darauf solltet ihr vorbereitet sein.

Nichtsdestotrotz ist es auch möglich, dass die Polizei bereits direkt am Ort eurer Festnahme eine ED-Behandlung durchführt. In der Regel werden dann nur Fotoaufnahmen gemacht, allerdings häufig auch mit eurem Personalausweis. Der Polizei ist es so möglich, euch der Maßnahme zu unterziehen, ohne zu viele Kräfte vom Ort des Geschehens abziehen zu müssen.

Löschung

Größtes Problem bei einer ED-Behandlung ist, dass eure Fingerabdrücke danach lange gespeichert sind, in der Regel auch beim BKA liegen und ihr jedes Mal Ärger bekommt, wenn eure Fingerabdrücke irgendwo auftauchen. Deshalb solltet ihr eine ED-Behandlung nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn die Löschung der einmal erhobenen Daten ist mühsam, wenn die Polizei überhaupt dazu gebracht werden kann.

Bei Erwachsenen speichert die Polizei die Daten in der Regel erst mal 10 Jahre lang. Wenn sie in dieser Zeit weitere Daten zu eurer Person ‚zuspeichern‘, verlängern sie diese Speicherfrist aber immer wieder, so dass eure Fingerabdrücke bei der Polizei alt werden können, solange ihr politisch aktiv seid. Um überhaupt herauszufinden, was die Cops über euch gespeichert haben, hilft euch der Auskunftsgenerator unserer Datenschutzgruppe (www. datenschmutz.de). Für die gespeicherten ED-Daten solltet ihr am Besten ein Auskunftsersuchen ans BKA erstellen.

Kurzum:

  1. Repressive ED-Behandlung

    Bei Vorladung: Kontakt zu Rechtshilfegruppe
    • mit RA*in Umfang der Maßnahme prüfen

    Währenddessen: Keine Aussage, nix unterschreiben, nicht mitwirken

    Im Nachhinein: Kontakt zu Rechtshilfegruppe
    • mit RA*in Umfang der Maßnahme prüfen

  2. Präventive ED-Behandlung

    Bei Vorladung: Kontakt zu Rechtshilfegruppe
    • mit RA*in Widerspruch einlegen und Aufschub erwirken 

    Währenddessen: Keine Aussage, nix unterschreiben, nicht mitwirken

    Im Nachhinein: Kontakt zu Rechtshilfegruppe
    • Erfahrungen weitergeben

Nicht Teil einer ED-Behandlung ist die Entnahme von Körperzellen (Spucke), also eine DNA-Analyse. Diese muss zudem immer richterlich angeordnet sein. Auch wenn die Cops euch mit einem richterlichen Beschluss drohen oder unter Druck setzen wollen: das ist euer Recht und davon solltet ihr nicht abweichen. Selbst wenn der Aufenthalt auf der Polizeistation dadurch länger dauert, zeigt die Erfahrung, dass es sich lohnen kann, auf die richterliche Entscheidung zu warten.