Direkt zum Inhalt
16.08.2021

Schluss mit den Verhaftungen und Haftstrafen – Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Die Zahl der politischen Gefangenen in der Bundesrepublik steigt kontinuierlich an, und es scheint immer mehr zur Normalität zu werden, dass linke Aktivist*innen hinter Gittern landen.

 Tatsächlich setzen die staatlichen Repressionsorgane in letzter Zeit wieder vermehrt auf Verhaftungen und Gefängnisstrafen in der Hoffnung, linke Bewegungen einzuschüchtern. Erst am 19. Juli 2021 hatte der Stuttgarter Findus, der wegen seines Engagements gegen rechte Umtriebe zu zweieinhalb Jahren verurteilt worden war, seinen Haftantritt. Am 15. September muss der Nürnberger Aktivist Jan ins Gefängnis. Mit der Ablehnung der Revision wurde jetzt das skandalöse „Jamnitzer Platz“-Urteil von Februar 2021 rechtskräftig: Obwohl Jan am besagten Tag gar nicht vor Ort war, hatte ihn das Landgericht Nürnberg wegen Beteiligung an spontanen Protesten gegen Gentrifizierung und Repression zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt – wegen Anschreiens der Polizei.

 Zusätzlich sind mit den beiden Antifaschist*innen Dy und Lina sowie der Klimaaktivistin Ella drei bekannte Genoss*innen seit November 2020 – also seit nunmehr neun Monaten – in Haft.

Während dem Stuttgarter Dy die Beteiligung an einer körperlichen Auseinandersetzung mit Mitgliedern der faschistischen Schein-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ vorgeworfen wird und er im aktuell laufenden „Wasen-Prozess“ angeklagt ist, wird gegen die Leipzigerin Lina und viele andere Aktivist*innen nach § 129 („kriminelle Vereinigung“) ermittelt. Mit diesem Gummiparagrafen, der einmal mehr zur flächendeckenden Kriminalisierung und Durchleuchtung antifaschistischer Strukturen aufgefahren wird, will der Staat das entschiedene Eintreten gegen Nazistrukturen unterbinden und schreckt dabei auch nicht vor langer Untersuchungshaft zurück. Der Prozess gegen Lina soll am 8. September beginnen.

Bereits in einem grotesken Prozess verurteilt wurde die Klimaaktivistin Ella, die ebenfalls ab November 2020 wegen der Proteste im Danni in Untersuchungshaft war. Laut der staatlichen Vorwürfe soll sie sich bei einer lebensbedrohlichen Räumungssituation durch Beinbewegungen dagegen gewehrt haben, von Polizeibeamt*innen aus 15 Metern Höhe ungesichert in die Tiefe gerissen zu werden, und wurde deshalb am 23. Juni 2021 zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt, so dass sie weiter in Haft ist.

 Auch gegen die kurdische Bewegung ging der Staat in den letzten Monate wieder mit Freiheitsentziehungen vor: Am 7. Mai 2021 wurden die beiden kurdischen Politiker Mirza und Abdullah in Nürnberg und Heilbronn verhaftet, am 11. Mai wurde als dritter Mazlum in Esslingen in Untersuchungshaft genommen. Alle drei werden nach dem Gummiparagrafen 129b als angebliche Mitglieder der als „terroristisch“ diffamierten kurdischen ArbeiterInnenpartei PKK verfolgt – ein Kotau der Bundesrepublik vor dem diktatorischen Erdoğan-Regime. Wie in diesen Verfahren üblich werden den drei Betroffenen keine individuellen Straftaten vorgeworfen, sondern lediglich legale politische Arbeit wie die Organisierung von Veranstaltungen. Mit diesen Verhaftungen erhöhte sich die Zahl der politisch engagierten Kurden, die in der BRD mit dem Vorwurf der PKK-Mitgliedschaft nach §129b im Gefängnis festgehalten werden, auf zehn.

 

„Immer häufiger werden Aktivist*innen über viele Monate in Untersuchungshaft genommen, und bereits bei geringen Anlässen, die den Missmut der Repressionsorgane erregen, verhängen die Gerichte extrem hohe Gefängnisstrafen“, stellte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. fest. „Bloßes Anschreien wie im Fall von Jan oder das Strampeln mit den Beinen in einer Notwehrsituation wie im Fall von Ella beantwortet der Staat mit monate- oder jahrelangem Freiheitsentzug. Indem Aktivist*innen über lange Zeit in Untersuchungshaft verschleppt werden, sollen sie aus ihrem Umfeld gerissen, ihrer Perspektiven und Lebensplanung beraubt werden, um so ihre Mitstreiter*innen von künftigem Engagement abzuschrecken und linke Bewegungen zu ersticken. Doch dem stellen wir unsere Solidarität entgegen und lassen die Genoss*innen hinter Gittern nicht allein.“