Anhaltende Verfolgung von Antifas im Budapest-Komplex: Prozesseröffnung in München
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Am Mittwoch, 19. Februar 2025 wird vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen die Nürnberger Antifaschistin Hanna eröffnet. Sie wird beschuldigt, bei den Protesten gegen das Nazi-Großevent „Tag der Ehre“ im Februar 2023 in Budapest an körperlichen Auseinandersetzungen mit Nazis beteiligt gewesen zu sein. Der Vorfall gab den ungarischen und deutschen Repressionsorganen Anlass für eine beispiellose internationale Verfolgungsjagd gegen Antifaschist*innen. Im Fall von Hanna ist besonders skandalös, dass der Generalbundesanwalt ihr in der Anklageschrift nicht nur Mitgliedschaft in einer sog. kriminellen Vereinigung sowie gefährliche Körperverletzung, sondern auch versuchten Mord vorwirft.
Gegen die Antifaschist*innen, die im sog. Budapest-Komplex beschuldigt werden, wird seither eine massive Kriminalisierungsoffensive entfesselt, bei der die deutschen Behörden dem ungarischen Regime bereitwillig Schützenhilfe leisten. Mit Ermittlungen wegen Körperverletzung und dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB) gehen sie in einem Spiegelverfahren gegen die Aktivist*innen vor.
Drei Genoss*innen waren bereits im Februar 2023 in Budapest verhaftet worden und sahen sich menschenverachtenden Haftbedingungen, offen politisch motivierten Prozessen und Strafdrohungen bis zu 24 Jahren ausgesetzt. Um nicht verhaftet und nach Ungarn ausgeliefert zu werden, tauchte ein Großteil der Verfolgten unter. Die deutschen Behörden überzogen daraufhin Familien, Freund*innen und Genoss*innen der Beschuldigten mit massiven Repressalien – von anhaltender Überwachung über regelmäßige Einschüchterungsversuche und Befragungen bis hin zu brutalen Hausdurchsuchungen.
Dass die hiesigen Repressionsorgane nicht davor zurückschrecken, Antifaschist*innen sogar offen rechtswidrig auszuliefern, zeigte der Fall von Maja. Die nächtliche Verschleppung der non-binären Person ins offen queerfeindliche Ungarn wurde vom Bundesverfassungsgericht wie erwartet als unrechtmäßig eingestuft. Am 20. Januar 2025 stellten sich weitere sieben Beschuldigte. Insgesamt sitzen nun zehn Aktivist*innen, die im Budapest-Komplex verfolgt werden, in hiesigen Gefängnissen. Zu ihnen gehört Hanna, gegen die nun am 19. Februar 2025 der erste Prozess vor einem deutschen Gericht in dieser Sache eröffnet wird.
Hanna war am 6. Mai 2024 in ihrem Wohnort Nürnberg-Gostenhof von einem martialischen Polizeiaufgebot verhaftet worden. Wie bei den anderen Beschuldigten wurde durch dieses Repressionsspektakel ein Bedrohungsszenario aufgebaut, um andere Antifaschist*innen einzuschüchtern und solidarische Unterstützer*innen abzuschrecken. Das gelang allerdings nicht: Regelmäßig fanden vor der JVA Nürnberg, in der Hanna in Untersuchungshaft saß, große Kundgebungen statt, an der sich Genoss*innen, Freund*innen, Angehörige, Kolleg*innen und zahllose andere Menschen beteiligten.
Um die Antifaschistin zusätzlich unter Druck zu setzen und die Solidaritätsbewegung zu spalten, ergänzte der Generalbundesanwalt am 8. Oktober 2024 die Anklageschrift um den an den Haaren herbeigezogenen Vorwurf des versuchten Mordes. Auch wenn diese absurde Konstruktion sicherlich keinen Bestand haben wird, trägt sie mit zur geplanten Inszenierung im Stil eines Terrorprozesses bei. Für die kommenden Monate sind bereits über 30 Verhandlungstage terminiert.
Der Prozessauftakt am 19. Februar findet nicht – wie ursprünglich angekündigt – in der Nymphenburger Straße statt, sondern um 9.30 Uhr im Gerichtssaal der JVA Stadelheim (Stettnerstraße 10, München). Um Unterstützer*innen einzuschüchtern, hat die Justiz umfangreiche Vorkontrollen angekündigt. Bereits ab 7.30 Uhr wird vor dem Gebäude eine Solidaritätskundgebung abgehalten.
„Der Budapest-Komplex ist ein Paradebeispiel für die massive politische Verfolgung von Antifaschist*innen, die inzwischen grenzüberschreitend stattfindet. Dass die deutsche Justiz nicht einmal vor den absurdesten Vorwürfen und Konstruktionen zurückschreckt, zeigt der Fall der Nürnberger Genossin Hanna, die nun vor Gericht gezerrt wird“, erklärte Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Dem obsessiven Verfolgungswillen der deutschen und ungarischen Repressionsorgane setzen wir unsere strömungsübergreifende Solidarität entgegen. Wir als Rote Hilfe e. V. stehen solidarisch an der Seite aller von Repression betroffenen Antifaschist*innen und fordern die sofortige Freilassung der inhaftierten Antifas und aller anderen politischen Gefangenen.“