Antifaschismus vor Gericht: Urteilsverkündung gegen Jo und Dy am 13. Oktober
Nach mehreren Verzögerungen wird im Prozess gegen die beiden Antifaschisten Jo und Dy am 13. Oktober 2021 die Urteilsverkündung vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht erwartet. Den beiden Aktivisten drohen mehrjährige Haftstrafen.
Der sogenannte Wasen-Prozess gegen die beiden Stuttgarter Aktivisten ist Teil einer staatlichen Repressionsoffensive gegen antifaschistische Strukturen in Baden-Württemberg, vor allem in der Landeshauptstadt. Anlass war eine körperliche Auseinandersetzung mit führenden Mitgliedern der faschistischen Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“, die sich am 16. Mai 2020 am Rande eines rechten „Querdenken“-Aufmarschs in Stuttgart-Bad-Cannstatt ereignete. In der Folge überzogen die Ermittlungsbehörden, allen voran die eigens gegründete Ermittlungsgruppe „Arena“, ab Sommer 2020 Antifaschist*innen mit Überwachungsmaßnahmen, Hausdurchsuchungen und schließlich Verhaftungen: Während Jo im Januar 2021 nach über sechs Monaten Untersuchungshaft in Stuttgart-Stammheim vorläufig freikam, ist Dy seit seiner Festnahme am 4. November 2020 durchgehend im Gefängnis. Ihnen wird vorgeworfen, an der Auseinandersetzung am 16. Mai beteiligt gewesen zu sein.
Seit der Eröffnung im April 2021 zog sich der Prozess immer weiter hin. Die ursprünglich für den 22. Juli erwartete Urteilsverkündung war von den Anwälten der Nebenklage durch eine große Zahl von zusätzlichen, teils grotesken und offen wahrheitswidrigen Anträgen immer wieder verzögert worden. Dass die Beweislage weiterhin mehr als dürftig ist, hielt die Staatsanwaltschaft nicht davon ab, für Jo fünf Jahre und für Dy sechs Jahre Haft zu fordern. Die Verteidigung fordert Freispruch.
„Der Prozess gegen die beiden Stuttgarter Antifaschisten ist ein klassisches Beispiel politischer Justiz. Ausschlaggebend sind nicht die Ermittlungsergebnisse, vermeintlichen Beweise und Zeug*innenaussagen: Hier soll ein abschreckendes Exempel statuiert werden, das die massive Repressionswelle der Ermittlungsgruppe ‚Arena‘ krönen soll. Das wurde schon in der extrem langen und absolut unbegründeten Untersuchungshaft klar, mit der zwei junge Menschen aus ihrem Alltag gerissen wurden. Dass die Staatsanwaltschaft jetzt dermaßen hohe Haftstrafen fordert, passt genau in dieses Schema einer Gesinnungsjustiz, die sich bewusst gegen linke und fortschrittliche Kräfte richtet“, erklärte Anja Sommerfeld von der Roten Hilfe e. V. „Wir rufen zur kritischen Beobachtung der Urteilsverkündung am 13. Oktober in Stuttgart auf und stehen solidarisch an der Seite von Jo und Dy sowie aller anderen verfolgten Antifaschist*innen.“