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06.02.2025 | Pressemitteilung

Höchstinstanzliche Verfahren in Karlsruhe: Antifaschismus als staatliches Feindbild

Am 6. Februar 2025 fanden in Karlsruhe gleich zwei höchstinstanzliche Gerichtstermine statt, die für die derzeitige staatliche Verfolgungsoffensive gegen Antifaschist*innen von zentraler Bedeutung sind.
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Höchstinstanzliche Verfahren in Karlsruhe: Antifaschismus als staatliches Feindbild

Am 6. Februar 2025 fanden in Karlsruhe gleich zwei höchstinstanzliche Gerichtstermine statt, die für die derzeitige staatliche Verfolgungsoffensive gegen Antifaschist*innen von zentraler Bedeutung sind: Zum einen verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision gegen die Antifaschistin Lina, die 2023 im Rahmen des Antifa-Ost-Verfahrens zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war. Zum anderen gab das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidung in der Verfassungsbeschwerde von Maja bekannt. Die non-binäre Person wird im sog. Budapest-Komplex beschuldigt und wurde im Juni 2024 trotz eines ausstehenden Beschlusses des BVerfG nach Ungarn ausgeliefert.

Die Revision vor dem Bundesgerichtshof war schon im Vorfeld von massiven staatlichen Einschüchterungsversuchen überschattet: Absurd hohe Sicherheitsstandards, frühzeitige Voranmeldung zur Überprüfung von Prozessbeobachter*innen und akribische Vorkontrollen galten selbst für Pressevertreter*innen. Ebenso hatten die Karlsruher Behörden harte Auflagen gegen die in Sichtweite des Gebäudes stattfindende Solidaritätskundgebung verhängt, nachdem sie im Vorfeld bereits Vergleiche zu den „Tag X“-Protesten in Leipzig gezogen hatten.

Die Revisionsverhandlung selbst zeigte wieder durchgehend den unbedingten Verfolgungswillen des Staates, der am Konstrukt einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB festhält. Die Ausführungen von Linas Verteidigung wurden vom Bundesgerichtshof kaum gewürdigt. Dass das Gericht das erstinstanzliche Urteil verwerfen wird, scheint nach dieser Verhandlung wenig aussichtsreich. Mit einer Urteilsverkündung ist am 19. März zu rechnen. Sobald das Urteil rechtskräftig wird, muss Lina mit einem Termin zum Haftantritt rechnen.

Bereits am Morgen hatte das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zu Majas Auslieferung bekanntgegeben. Zusammen mit weiteren Antifaschist*innen wird Maja im Rahmen des Budapest-Komplexes beschuldigt, an körperlichen Auseinandersetzungen mit Nazis am Rand der NS-verherrlichenden Großveranstaltung „Tag der Ehre“ im Februar 2023 in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Die nächtliche Auslieferung an Ungarn Ende Juni 2024 war unter offen rechtswidrigen Umständen unter bewusster Missachtung des Bundesverfassungsgerichts erfolgt: Gegen die Entscheidung des Berliner Kammergerichts, das eine Auslieferung ermöglichte, hatte die Verteidigung umgehend Rechtsmittel eingelegt. Obwohl für den nächsten Morgen mit einer höchstrichterlichen Entscheidung zu rechnen war, wurde Maja in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an Ungarn überstellt. Als das Bundesverfassungsgericht am Vormittag die Auslieferung untersagte, war Maja bereits in Budapest in Haft. Schon im Vorfeld hatte das BVerfG dieses Vorgehen deutlich gerügt und erklärte es in seinem heutigen Beschluss für unrechtmäßig: Das Kammergericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend geprüft und insbesondere die Haftumstände in Ungarn nicht ausreichend berücksichtigt. 

„Der heutige Tag macht deutlich, dass der Staat bei der Verfolgung von Antifaschist*innen keine Grenzen kennt“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Der Verlauf von Linas Revision zeigt einmal mehr, dass bei den derzeitigen Großverfahren Exempel statuiert werden sollen, um die gesamte antifaschistische Bewegung einzuschüchtern. Dass selbst der Bundesgerichtshof gegen die Verfolgungswut keinerlei Schutz bieten kann, weil die Repressionsorgane ohnehin gegen rechtliche Minimalstandards verstoßen, beweist der Fall von Maja.“ Abschließend forderte Sommerfeld zu breiter Solidarität auf: „Gerade angesichts der verschärften Repression ist es wichtig, solidarisch zusammenzustehen und die Betroffenen zu unterstützen – mit Solidaritätskundgebungen, durch Briefe in die Gefängnisse und Spenden für die immensen Prozesskosten.“

 

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