Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen migrantische Aktivist_innen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Göttingen, den 16.03.2015
Am Morgen des 13. März gegen 6:30 Uhr durchsuchten Beamte des Kommissariat
43 der Kriminalpolizei zeitgleich eine Privatwohnung und eine Geschäftsadresse in München. Über 2,5 Stunden wurden nicht nur das vom Beschuldigten bewohnte Zimmer und die Gemeinschaftsräume und jedes einzelne Blatt Papier auf einen vermeintlichen Bezug zur FDJ geprüft, sondern widerrechtlich und ohne Beschluss auch ein zweites, von einer unbeteiligten Person bewohntes Zimmer.
Beschlagnahmt wurden ein Laptop, ein Handy, SD-Karten, diverse Zeitschriften, Flugblätter, Aufkleber und andere Materialien, die laut Beschluss „Aufschluss darüber geben [sollen], wer am 10.12., 16.12. und 17.12. Flugblätter mit dem Emblem der Freien Deutschen Jugend an Münchner
Schulen verteilt hat".
Wir dokumentieren eine Presseerklärung des Arbeitskreises Spitzelklage Heidelberg:
Seit Sommer 2011 klagen sieben Betroffene des Heidelberger
Spitzeleinsatzes gegen diese polizeiliche Überwachungs- und
Kriminalisierungsmaßnahme. Das baden-württembergische Innenministerium
ließ damals prompt die relevanten Unterlagen "sperren", so dass nur
Bruchteile der Akten in stark zensierter Form für die Kläger*innen
zugänglich waren und somit weitere juristische Schritte zur Freigabe der
behördlichen Materialien eingeleitet werden mussten. Im Februar 2015
wurden nun die Schwärzungen etwas reduziert und einige weitere
Abschnitte aus den Akten freigegeben.
Wir dokumentieren eine Pressemitteilung der GG/BO
Appell zur aktiven Gewerkschaftssolidarität inhaftierter und nicht inhaftierter Kolleg_innen.
Berlin, 24. Februar 2015
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Es gehört zur Leitlinie der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), dass sie sich gegen Angriffe seitens der JVA-Leitungen und Justizbehörden politisch und juristisch zur Wehr setzt.
Seit unserer Gründung als so genannter nicht rechtsfähiger Verein nach §§ 21 i.V.m. mit 54 BGB im Mai 2014 haben verschiedene JVA-Leitungen den Versuch unternommen, unsere legitime Tätigkeit als gewerkschaftliche Selbstorganisierung von Inhaftierten u. a. durch Zellenrazzien, das Anhalten und Nicht-Aushändigen von GG/BO-Post sowie Einschüchterungen von potentiellen GG/BO-Mitgliedern zu blockieren. Gegen jede dieser Schikanen haben wir einen politisch-öffentlichen Gegendruck erzeugt und Verfahren vor Strafvollstreckungskammern der Landgerichte angestrengt, um die Unzulässigkeit solcher Einschränkungen unseres gewerkschaftspolitischen Engagements hinter Gittern feststellen zu lassen.
Unsere Verankerung und weitere Ausdehnung als GG/BO ließ sich durch dieses behördliche Vorgehen nicht verhindern. Im Gegenteil: Mit mehr als 420 Mitgliedern in etwa 40 Knästen dieser Republik zeigt der Trend unverkennbar weiter nach oben.
Die JVA Tegel ist jetzt dazu übergegangen, unseren Rechtssekretär, Mehmet Aykol, direkt ins Visier zu nehmen. Aykol stand kurz davor, nach über 18 Jahren Haft selbstständige Lockerungen zu erhalten, da sein bisheriger Lockerungsverlauf seit 2011 ohne jede Beanstandung war. Nun wird er vor die Wahl gestellt, entweder seine durch das Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 (Koalitionsfreiheit) gedeckte Aktivität als Bundesvorstandsmitglied der GG/BO niederzulegen oder aber seine bis dato gewährten Vollzugslockerungen einzubüßen. Darüber hinaus wird dem Kollegen Aykol in der aktuellen - von Aykols Sozialarbeiter Herrn Rodowski - verfassten Vollzugsplanfortschreibung faktisch mitgeteilt, dass eine weitere GG/BO-Aktivität eine zeitlich undefinierte Verwahrung hinter den Knastmauern bedeuten würde.
Spendenaufruf für angeklagte Antifaschist_innen aus Kiel
Seit Sommer 2013 macht die antifaschistische Kampagne "An die Substanz!" im Raum Kiel unter dem Motto "rechte Infrastruktur aufdecken – Nazis in die Pleite treiben" auf diverse Geschäftsaktivitäten von Neonazis aufmerksam. Ziel ist es die (finanziellen) Strukturen aufzudecken, die hinter den offen auftretenden Neonazi-Organisationen stehen.
Schon seit den ersten Aktionen der Kampagne im August und Oktober 2013 sehen sich die Aktivist_innen polizeilicher und juristischer Verfolgung ausgesetzt. Sowohl bei einer Fahrradtour durch Kiel als auch bei einer Bustour durch den Kreis Plön und Neumünster wurden die beteiligten Antifaschist_innen von der Polizei massiv verfolgt, durchsucht, ihre Personalien wurden aufgenommen und es wurde versucht, weitere Aktionen zu unterbinden.
Am Mittwoch Vormittag, den 04.02.2015, kam es in Salzwedel zu einem
Anquatschversuch durch den Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt.
Um 11 Uhr klingelte es bei einem Genossen in dessen Wohnung. Vor der Tür
standen zwei Männer mittleren Alters, die sich als Mitarbeiter des
Innenministeriums Sachsen-Anhalt ausgaben.
Aus anfänglicher Verunsicherung ließ der Genosse die beiden
Geheimdienstmitarbeiter auf ihr Drängen in seine Wohnung. In der Wohnung
offenbarten sie dann ihr wahres Anliegen. Nämlich das Einholen von
Informationen über linke Strukturen in Salzwedel.
Wir dokumentieren ein Interview der NachDenkSeiten mit unserem Bundesvorstandsmitglied Michael Csaszkóczy:
Fast jedes terroristische Attentat führt in Folge unmittelbar zu einem weiteren. Zu einem politischen nämlich, welches auf die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger abzielt, um hierdurch – so wird behauptet – der terroristischen Gefahr besser begegnen zu können. Aber, mal ehrlich: Wenn die Totalüberwachung der Kommunikationswege wirklich vor Terror schützen würde und deswegen nun auch in Deutschland nötig wäre – warum genau hat sie mit diesem Anliegen in Frankreich dann soeben vollends versagt? Und wenn die Einschränkungen der Grundrechte für so genannte „Gefährder" wirklich und ausschließlich weiteren Terror verhindern sollen – warum verbleibt der Begriff dann so nebulös und werden in Großbritannien inzwischen investigative Journalisten zum Teil als solche überwacht? Und: Schützt ein Bundeswehreinsatz im Inland, wie er nun erneut in die Diskussion gerät, wirklich dabei, Anschläge zu verhindern – wie und wodurch eigentlich genau? Über die „Antiterror"-Gesetze im Land und ihre bisherigen wie zu erwartenden Wirkungen sprach Jens Wernicke mit Michael Csaszkóczy vom Bundesvorstand der Roten Hilfe.
Am vergangenen Montag, den 26. Januar, wurde im Vorfeld der Anti-PEGIDA-Proteste ein Duisburger Antifaschist von Polizisten in Zivil vor seiner Haustür festgenommen. Wie uns mitgeteilt wurde, hat die Polizei ihn noch am selben Tag einem Richter vorgeführt. Außerdem wurde ohne die Möglichkeit Widerspruch einlegen zu können, eine Haft bis zum nächsten Morgen angeordnet. Vorwurf und die Begründung dieser Schikane soll eine angebliche Verabredung mit einer Gruppe sein, wonach sich die Gruppe Steine in einem Baumarkt gekauft haben soll. Er hätte, so die Polizei, "die Absicht gehabt, Straftaten zu begehen." So absurd und fragwürdig diese Anschuldigung auch klingen mag, wird dem Antifaschisten nun "Vorbereitung eines schweren Landfriedensbruches" vorgeworfen.
Es ist alt her bekannt, dass die Polizei diese Anschuldigungen als Druckmittel und repressive Maßnahme gegen AntifaschistInnen nutzt. Wir kritisieren diese willkürliche Repression gegen AntifaschistInnen aufs Schärfste!
Am Dienstag den 9.12.2014 führte die Polizei in Krefeld (NRW) und Marburg (Hessen) insgesamt 4 Hausdurchsuchungen durch, welche im Zusammenhang mit der M31 Demonstration in Frankfurt/Main am 31.3.2012 stehen. Konkret geht es um den vermeintlichen Angriff auf einen Bullen in der Demonstration. Das Ermittlungsverfahren wurde ursprünglich wegen versuchten Totschlags geführt, was den Bullen umfangreiche Ermittlungsbefugnisse einräumte. Es wurde zwischenzeitlich jedoch auf gefährliche Körperverletzung heruntergestuft. Beschlagnahmt wurden sämtliche gefundenen Datenträger, Computer und Handys. Gesucht wurde ebenfalls nach bestimmten ominösen Kleidungsstücken.
Göttingen, den 17.12.2014
14 Jahre nach dem türkischen Gefängnismassaker: Schluss mit der Unterstützung der türkischen Politik durch die deutsche Justiz!
Am 19. Dezember 2000 stürmten türkische Sicherheitskräfte 20 Gefängnisse, in denen sich politische Gefangene im Hungerstreik befanden, und richteten ein Blutbad an, bei dem mindestens 30 Häftlinge starben. Der Protest der Häftlinge richtete sich nicht zuletzt gegen die menschenunwürdigen Haftbedingungen in den Isolationszellen und Hochsicherheitstrakten der sogenannten F-Typ-Gefängnisse.
Hierzu H. Lange vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.: „Die Ereignisse vom 19.12.2000 haben der Welt klar gemacht, wie der türkische Staat mit politischen Gegner*innen umgeht. Dennoch dauert die politische und juristische Schützenhilfe der BRD für die Türkei an. Noch immer werden kurdische und türkische Linke in Deutschland nach dem politischen Gummiparagraphen 129b (Unterstützung einer kriminellen Vereinigung im Ausland) verurteilt, noch immer werden von den türkischen Sicherheitsbehörden erfolterte Aussagen vor deutschen Gerichten als belastende Beweise anerkannt."
14 Jahre nach dem Gefängnismassaker in der Türkei gilt unsere Solidarität den kämpfenden Gefangenen in den türkischen Knästen. Unsere Solidarität und unsere Unterstützung gelten insbesondere all denen, die für ihre Zugehörigkeit zu linken kurdischen und türkischen Gruppierungen in Deutschland verfolgt und vor Gericht gestellt werden.
Wir fordern die Abschaffung der Terrorparagraphen 129a und 129b und ein Ende der Kriminalisierung kurdischer und türkischer Exillinker in Deutschland.
H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland
Im Folgenden dokumentieren wir eine Auswahl von Formulierungen aus Behördenbescheiden, in der die abgrundtiefe Ablehnung gegenüber kurdischen Organisationen und Aktivist*innen zum Ausdruck kommt.
Sie sind an Kurdinnen und Kurden gerichtet, die aufgrund ihrer kulturellen und politischen Betätigung in der Bundesrepublik mit der Ausweisung nach § 54 Aufenthaltsgesetz bedroht werden. Die inkriminierten Aktivitäten, die auf teilweise jahrelang gesammelten „Erkenntnissen" der Geheimdienste basieren, umfassen Vorstandstätigkeiten in kurdischen Vereinen, die Teilnahme an Veranstaltungen oder legalen Demonstrationen mit Bezug zu aktuellen Ereignissen in den kurdischen Gebieten der Türkei, des Iran, Iraks, Syriens oder zur Situation des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan. Weil der frühere nicht verbotene Dachverband kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) – seit Juni NAV-DEM – von staatlicher Seite als legaler Arm der PKK eingestuft wurde, fällt mithin jeder Mitgliedsverein unter den Verdacht der Unterstützung des Terrorismus. Dies trifft folglich all jene, die aktiv am Vereinsleben teilnehmen und sich für die legitimen kurdischen Interessen einsetzen.