Autoritärer Rollback an den Berliner Hochschulen
Die aktuelle Berliner Regierung aus CDU und SPD baut die Freiheitsrechte an den Hochschulen ab. Sie nimmt die zaghafte Liberalisierung des Ordnungsrechtes an den Hochschulen, die durch den Vorgängersenat gerade erst erfolgt war, wieder zurück. Die Krise, die sie dazu nutzt, sind Auseinandersetzungen um den Gaza-Konflikt. Diese waren in einem antisemitischen Angriff gegipfelt.
Der rot-rot-grüne Senat hatte 2021 die Möglichkeit einer Exmatrikulation aus politischen Gründen aus dem Berliner Hochschulrecht entfernt. Diese überfällige Reform steht in den anderen Bundesländern noch aus. Doch die Erwägungsgründe in Berlin treffen auch dort zu. Denn Konflikte unterhalb strafrechtlicher Relevanz sind gerade im möglichst offen zu haltenden Diskursraum Hochschule eben nicht repressiv, sondern präventiv zu behandeln, also durch rechtzeitigen Diskurs, statt durch Rauswürfe von Mitgliedern der Hochschule. Es bedarf keines eigenen Sonderrechtes der Hochschulen zur Disziplinierung ihrer Mitglieder, denn das übliche Straf- und Ordnungsrecht gilt ohnehin auch an allen Hochschulen.
Doch solch fortschrittliches Denken ist dem aktuellen Berliner Senat augenscheinlich zuwider. Er will den „Hochschulfrieden“ autoritär – nämlich durch härtere Strafen – sichern. Nichtöffentliche „Ordnungsausschüsse“ sollen oppositionelles Verhalten bewerten und missliebige Studierende, denen Regelübertretungen vorgeworfen werden, durch Ausschlüsse von Teilen des Universitätsbetriebs oder sogar durch Exmatrikulation verfolgen. Auch Taten, die sich außerhalb des Campus abspielten, sollen mit dem Ordnungsrecht sanktioniert werden können.
Die Einführung entsprechender Maßnahmen war bereits am 13. Februar 2024 von der AfD beantragt worden. Die aktuelle Fassung, die der Berliner Senat am 26. März beschloss, geht allerdings auf den Antrag der SPD-Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra zurück. Noch vor der Sommerpause soll das Berliner Abgeordnetenhaus das Hochschulgesetz beschließen, das die altbackenen Vorstellungen als neue Lösung präsentiert.
Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. erklärte dazu: „Wann immer die Repression verschärft wird, um das zu bekämpfen, was gerne allgemein Extremismus genannt wird, führt dies zum Abbau von Freiheitsrechten. Sonderrechte zusätzlich zu dem ohnehin bereits politisch genutzten Strafrecht, befördern weitere Willkür. Es sollte bedenklich stimmen, wenn ausgerechnet an Orten des gesellschaftlichen Diskurses, politische Meinungen noch einfacher sanktioniert werden können.“ Abschließend ergänzte sie: „Faktisch bedeutet ein solches Hochschulgesetz ein Sonderstrafrecht und eine Vorform der Berufsverbote. Es ist beschämend, dass der Berliner Senat dieses Süppchen ausgerechnet unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Antisemitismus kocht.“