Grundrechte für Antifaschist*innen ausgesetzt?
Die Bundesanwaltschaft hält weiter an ihrem Vorsatz fest, Antifaschist*innen auszuliefern – und das, obwohl bekannt ist, dass ihnen dort menschenunwürdige Haftbedingungen und Prozesse drohen, die allen rechtsstaatlichen Minimalstandards Hohn sprechen. In dem unverhohlen politisch motivierten Gerichtsverfahren, das mit massiver Hetze durch ungarische Politiker*innen und Medien einhergeht, drohen den Angeklagten bis zu 24 Jahre Gefängnis. Mit der Drohung, die Aktivist*innen an das rechte Orbán-Regime und seine Justiz zu überstellen, verfolgen die hiesigen Repressionsorgane eigene politische Agenda gegen die antifaschistische Bewegung.
Eine italienische und zwei deutsche Antifaschist*innen stehen in Ungarn vor Gericht, und zwei von ihnen sind seit 15 Monaten im Gefängnis. Die Berichte über die unmenschlichen Haftbedingungen und die Fotos der angeklagten Ilaria, die an Händen und Füßen gefesselt an einer Kette in den Gerichtssaal geführt wurde, sorgten international für Furore. In Italien lehnten die zuständigen Gerichte deshalb die Auslieferung eines weiteren italienischen Antifaschisten ab – im Gegensatz zur deutschen Justiz. Sie betreibt weiterhin mit großem Eifer die Verfolgung der gesuchten Antifas.
Seit der Verhaftung am 11. Dezember 2023 sitzt Maja in Deutschland im Gefängnis und inzwischen in Auslieferungshaft. Der Bundesgerichtshof hat am 21. März 2024 dem Verfahren in Ungarn Priorität eingeräumt gegenüber den hiesigen Ermittlungsverfahren. Für die non-binäre Person wäre die Überstellung an das offen queerfeindliche ungarische Regime doppelt bedrohlich.
Auch wenn bei Hanna, die am 6. Mai 2024 in Nürnberg verhaftet wurde, noch kein Ersuchen aus Ungarn vorliegt, besteht auch in ihrem Fall das Risiko, dass die dortigen Behörden ihr in Budapest den Prozess machen wollen.
Um der Verfolgungswut der deutschen und ungarischen Behörden zu entgehen, sind die übrigen beschuldigten Aktivist*innen untergetaucht. Mehrere von ihnen hatten signalisiert, sich der hiesigen Polizei zu stellen gegen die Zusicherung, nicht ausgeliefert zu werden. Die deutschen Behörden hatten dieses Angebot abgelehnt und ihrerseits offen rechtswidrige und erpresserische Bedingungen gestellt: Voraussetzung für die Nichtauslieferung wäre der Verzicht auf das Recht der Aussageverweigerung und ein umfassendes Geständnis.
Parallel setzen die Behörden die Familien und das soziale Umfeld der Beschuldigten massiv unter Druck, indem sie sie überwachen, bedrängen und zu Aussagen auffordern. In den vergangenen Tagen wandten sich die Eltern der Betroffenen an die Medien und forderten, ihre Kinder nicht nach Ungarn auszuliefern und zumindest die rechtsstaatlichen Minimalstandards im Umgang mit Beschuldigten einzuhalten.
„Es ist ein Skandal, wie die deutschen Behörden die eigenen Grundregeln mit Füßen treten und Antifaschist*innen mit menschenverachtenden und lebensgefährlichen Maßnahmen bedrohen, um die Betroffenen und letztlich die gesamte Bewegung einzuschüchtern“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Eine Auslieferung an das ungarische Orbán-Regime darf nicht zugelassen werden! Wir stehen solidarisch an der Seite der verfolgten Antifaschist*innen, ihrer Angehörigen und Unterstützer*innen. Ob Maja, Hanna oder alle anderen Antifaschist*innen: Keine Auslieferung – no extradition!“