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31.12.2025 | Repression

Grußwort: Unsere Kämpfe sind kollektiv - drinnen wie draußen

Repression trifft Einzelne, zielt auf unsere Kämpfe. In Zeiten von Rechtsruck, Kriminalisierung antifaschistischer Politik und zunehmender staatlicher Willkür sendet dieses Grußwort zu Silvester ein klares Signal: Wir lassen niemanden allein - drinnen wie draußen.
An Silvester zum Knast

Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen vor und hinter diesen Mauern,

in lebendiger, antifaschistischer Tradition stehen wir heute hier, um die Isolation dieser Mauern zu durchbrechen und die Gefangenen zu grüßen!

In unserer Kommunikation sprechen wir oft mit und von „unseren“ Gefangenen. Das ist auch in Ordnung, da es sich um Menschen handelt, die in unserer Bewegung aktiv sind, die im Kontext unserer Kämpfe kriminalisiert wurden und zu denen wir solidarisch eine Brücke über den Stacheldraht zu bauen versuchen. Für sie tragen wir hier draußen eine besondere Verantwortung, damit sie gesehen und gehört werden und sich weiterhin als Teil unserer Kämpfe verstehen können. Als politische Menschen wissen wir aber, dass es weder individuelle Probleme, noch Lösungen oder Kämpfe geben kann. Der politische Kampf richtet sich vielmehr gegen ein System, und nur kollektiv können wir daran etwas verändern. Was ist das für ein kaputtes System, in dem es normalisiert ist, Menschen in Käfige zu sperren? Was ist das für ein kaputtes System, das Menschenleben in die Hände einer Klassenjustiz gibt, die misogyn, die rassistisch ist, die den gesellschaftlichen Armenhass reproduziert und Menschen wegsperrt, die Strafen nicht bezahlen können, genauso wie sie Linke ins Visier nimmt mit einem Verfolgungseifer, den wir in den letzten Jahrzehnten so nicht gesehen haben? 

Deswegen noch einmal ganz explizit: herzliche Grüße an alle Gefangenen!

Wir haben ein politisch turbulentes Jahr erlebt und eine Rechtsentwicklung, deren Wucht nicht nachlässt. Wir erleben das völlige Versagen des Völkerrechts und die Gleichgültigkeit der deutschen Regierung im Angesicht eines Genozids. Wir erleben, wie wertlos ein Menschenleben ist, in Palästina, im Sudan, an den sich neu aufgetanen Fronten und an so vielen anderen gepeinigten Orten dieser Welt. Wir erleben ein Ende des Multilateralismus und wie sich UN, EU und alle anderen Organisationen als die imperialistischen Instrumente enttarnen, die sie schon immer gewesen sind. Und wir erleben Repressionsbehörden außer Rand und Band, so viele Antifaschist*innen hinter Gittern wie seit Jahrzehnten nicht, eine Polizei, die so wild und unkontrolliert um sich prügelt, dass sie regelmäßig internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht. 

Und die Aussichten sind auch nicht gerade rosig. Im November begann ein Mammutprozess in Dresden, bei dem noch weit über 100 Prozesstage ausstehen. Ein zweiter beginnt jetzt im Januar in Düsseldorf, wir erwarten zudem Majas Urteilsverkündung Anfang des Jahres. Auch Antifaschist*innen in Graz wird ein völlig absurder und bodenloser Prozess gemacht, der bald beginnen soll. Ab Januar sollen junge Menschen mit dem Wehrerfassungsbogen gegängelt und kriegstüchtig gemacht werden.

Und inmitten dieser besorgniserregenden Entwicklungen wurden uns als Verein die Konten gekündigt. Gerade jetzt, wo die Solidaritätsarbeit so wichtig ist, müssen wir uns mit Bürokratie herumschlagen und unsere Kapazitäten in Strategien stecken, um überhaupt arbeitsfähig zu bleiben.

Liebe Freund*innen, liebe Genoss*innen, liebe Gefangene, für uns kann das alles nur eins bedeuten: Umso besser müssen wir uns organisieren, umso stärker und solidarischer müssen wir zusammenhalten, denn unsere Kämpfe sind wichtiger denn je und wir müssen sie auch für die führen, die es selbst nicht können. Und wir müssen unsere Kämpfe immer kollektiv und immer internationalistisch denken und führen.

Wir grüßen Maja, wir grüßen Johann, Paul, Henry, Tobi, Thomas, Melissa und Julian, die in Dresden vor Gericht stehen, wir grüßen Paula, Nele, Emi, Moritz, Clara und Luca, deren Prozess demnächst in Düsseldorf startet, wir grüßen Vi, Zo, Walt, Daniel und Leandra, wir grüßen alle anderen Gefangenen sowie unsere Genoss*innen in den Kästen in den USA, im Iran, in Afghanistan, in Israel, in Russland und in der Ukraine und alle anderen widerständigen Menschen weltweit, die weggesperrt und gegängelt werden!

Lasst uns gemeinsam, lasst uns kollektiv und kämpferisch ins neue Jahr starten, jetzt erst recht!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!