Nächste Runde der Rachejustiz: Budapest-Prozess gegen sieben Antifas ab 4. November

In wenigen Wochen startet der zweite Prozess vor einem deutschen Gericht im sogenannten Budapest-Komplex: Ab dem 4. November 2025 findet die Hauptverhandlung gegen sieben Antifaschist*innen vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden statt. Zusätzlich zu den Vorfällen in Budapest 2023 enthält die Anklageschrift noch Vorwürfe aus dem sogenannten Antifa-Ost-Komplex.
Konkret geht es in der jetzigen Anklage in Dresden zum einen um den Budapest-Komplex, eine seit nunmehr zweieinhalb Jahren andauernde internationale Hetzjagd auf Antifaschist*innen. Im Februar 2023 fand in Budapest der europaweit größte NS-verherrlichende Nazi-Aufmarsch „Tag der Ehre“ statt, der vom ungarischen Staat wohlwollend geduldet, aber jedes Jahr von antifaschistischen Gegenprotesten begleitet wird. Am Rand der Veranstaltung kam es zu körperlichen Auseinandersetzungen, bei denen mehrere Nazis verletzt wurden. Seitdem führen ungarische und deutsche Behörden eine gemeinsame Verfolgungsoffensive gegen Antifaschist*innen mit zahlreichen Verhaftungen, Prozessen und Verurteilungen zu hohen Haftstrafen.
Zum anderen werden körperliche Auseinandersetzungen aus verschiedenen sächsischen und thüringischen Städten angeführt, die die staatlichen Behörden als Antifa-Ost-Komplex verfolgen. Auch hier waren in den letzten Jahren bereits mehrere Antifaschist*innen zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden, darunter Lina zu fünf Jahren und drei Monaten.
Im Mittelpunkt der Anklage gegen Johann, Paul, Henry, Tobias, Thomas, Melissa und Julian vor dem sogenannten Staatsschutzsenat des OLG Dresden steht erneut die staatliche Konstruktion einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB. Dieser Gummiparagraf wird staatlicherseits gerne bemüht, um linke Strukturen zu durchleuchten und zu kriminalisieren, indem bereits politische Vernetzung und persönliche Kontakte Aktivist*innen zu Verdächtigen machen. Hinzu kommen noch weitere Vorwürfe wie gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Diebstahl und weitere, die meist nur einzelnen Angeklagten zur Last gelegt werden, aber den Prozess zeitlich und finanziell aufblähen. Und erneut bringt die Bundesanwaltschaft gleich mehrfach den absurden Vorwurf des versuchten Mordes ein, obwohl sie damit im Prozess gegen Hanna eine klare Niederlage erlitten hat – abgesehen davon, dass die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft und damit auch die eines OLG für diese körperliche Auseinandersetzungen im Ausland ohnehin sehr umstritten ist.
Das Pilotverfahren gegen die Nürnberger Aktivistin gab in vielerlei Hinsicht die Gangart vor: Vor allem wurde deutlich, dass die Justiz keine stichhaltigen Beweise benötigt, um langjährige Haftstrafen gegen Antifaschist*innen zu verhängen und dafür auch vor der Verwertung ungarischer „Gerichtsergebnisse“ nicht zurückschreckt. Am 26. September 2025 hatte das OLG München Hanna zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt – und das, obwohl es nur widersprüchliche Indizien und unwissenschaftliche „Gutachten“ gab.
Im Prozess gegen Johann, Paul, Henry, Tobias, Thomas, Melissa und Julian vor dem OLG Dresden sind bereits rund 70 Verhandlungstage bis Juli 2026 terminiert, rund 60 weitere sollen sich bis Sommer 2027 anschließen. Damit verspricht es einer der umfangreichsten Großprozesse gegen Antifaschist*innen seit Jahrzehnten zu werden. Zusätzlich wird für die kommenden Monate der Prozessauftakt gegen weitere sechs Antifaschist*innen vor dem OLG Düsseldorf erwartet, die hier vor allem im Zusammenhang mit dem Budapest-Komplex verfolgt werden. Darüber hinaus drohen die Behörden auch gegen Menschen als Unterstützer*innen vorzugehen, die sie verdächtigen, sich illegal solidarisch gezeigt zu haben.
„Die Justizmaschinerie läuft auf Hochtouren, sperrt immer neue Aktivist*innen ein und zerrt sie vor Gericht, um die antifaschistische Bewegung einzuschüchtern“, erklärte Hartmut Brückner vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Die Zahl der Antifaschist*innen in deutschen Gefängnissen hat einen neuen Höchststand erreicht. Damit sendet der Staat ein deutliches Signal: Engagierter Antifaschismus, der über Lippenbekenntnisse hinausgeht, wird unnachsichtig verfolgt. In seiner Repressionsoffensive nähert sich die Bundesregierung der Riege rechter Regierungen weltweit an, die Antifaschismus per se verbieten wollen.“ Abschließend ergänzte er: „Umso nötiger ist Solidarität für die Betroffenen: Wir als Rote Hilfe e. V. stehen an der Seite der Angeklagten und fordern die sofortige Freilassung aller gefangenen Antifas! Wir sind alle Antifa!“
