Schluss mit der weißen Folter: Freiheit für Alfredo Cospito!
Der anarchistische Gefangene Alfredo Cospito ist seit nunmehr 154 Tagen im Hungerstreik, um gegen die Isolationshaftbedingungen nach dem italienischen Artikel 41bis zu protestieren. Inzwischen hat sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert, und gestern wurde eine akute Herzkrise gemeldet. Der italienische Staat lässt den politischen Gefangenen bewusst lieber sterben, als die unmenschlichen Haftbedingungen zu lockern.
Komplette Isolation von anderen Gefangenen, keine Freizeitaktivitäten, Hofgang mit extremen Einschränkungen, nur vereinzelte minimale Kontakte zur Familie und Behinderung der Kommunikation mit den Anwält*innen: Die Bedingungen des Artikel 41bis, denen rund 750 Menschen in italienischen Gefängnissen unterworfen sind, werden zurecht als Weiße Folter bezeichnet und können zudem von den Haftanstalten willkürlich weiter verschärft werden. 2007 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass der Artikel einen klaren Bruch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention darstelle. Schon seit Jahren wird das 41bis-Regime auch systematisch gegen politische Gefangene eingesetzt, um sie zu zermürben und zu brechen.
Alfredo Cospito, der wegen eines Anschlags auf den Nuklearkonzern-Chef Roberto Adinolfi bereits seit 2012 eine zehnjährige Gefängnisstrafe absaß, wurde 2020 wegen zweier Sprengsätze zu lebenslänglicher Haft ohne die Möglichkeit vorzeitiger Entlassung verurteilt. Im Mai 2022 wurde er auf Anordnung des Justizministeriums in Isolationshaft nach Artikel 41bis genommen, und alle anwaltlichen Interventionen blieben erfolglos. Am 20. Oktober 2022 begann Cospito einen Hungerstreik für die Abschaffung des Artikels 41bis und kündigte an, ihn notfalls bis zum Tod fortzuführen. Mehrere Gefangene traten zeitweise in Solidaritätshungerstreiks, und in Italien formierte sich eine starke Protestbewegung gegen die Isolationsfolter und zur Unterstützung von Alfredo Cospito.
Schon seit Monaten hat sich der Gesundheitszustand des Anarchisten immer weiter verschlechtert, weshalb er vom sardinischen Gefängnis in Sassari in das medizinisch besser ausgestattete Gefängnis in Mailand überstellt wurde. Inzwischen mehren sich die bleibenden körperlichen Schäden und Lähmungserscheinungen, und die jetzige Herzkrise zeigt, dass es um Leben oder Tod geht.
Trotzdem haben bisher die Regierung und die Justiz jegliche Lockerung der Isolationshaftbedingungen abgelehnt. Für Freitag stehen erneut zwei wichtige Gerichtstermine an: Zum einen prüft das Überwachungsgericht Mailand den Antrag von Cospitos Anwalt, ihm Strafaufschub aus gesundheitlichen Gründen in Form von Hausarrest bei seiner Familie zu gewähren. Zum anderen entscheidet das Überwachungsgericht in Sassari zeitgleich über einen früheren Antrag auf Strafaufschub.
„Dass die Regierung und Justiz in Italien an der Folterpraxis nach Artikel 41bis festhalten, ist ein Skandal. Die systematische Isolationsfolter, der 750 Menschen in italienischen Gefängnissen unterworfen sind, muss sofort beendet werden!“, forderte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Alfredo Cospito muss unverzüglich freigelassen werden. Wir solidarisieren uns mit seinem Hungerstreik und fordern die Abschaffung des Artikel 41bis. Freiheit für alle politischen Gefangenen!“