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20.05.2022

Seenotrettung vor Gericht: Anklage gegen die Iuventa Crew am Samstag

Am Samstag, 21. Mai 2022 beginnt im italienischen Trapani der bisher größte Prozess gegen die Seenotrettung. Nach fünf Jahren Ermittlungen drohen vier Crewmitgliedern aus Deutschland bis zu 20 Jahre Haft, weil sie dabei geholfen haben, mehr als 14.000 Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. In dem Verfahren klagt die Staatsanwaltschaft insgesamt 21 Personen, eine Reederei und zwei Nichtregierungsorganisationen an. Der Vorwurf: „Beihilfe zur irregulären Einreise“. Im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten zudem Strafforderungen in Millionenhöhe.

Ab Juli 2016 begannen Freiwillige sich mit dem eigens gekauften Schiff Iuventa an Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer zu beteiligen und Menschen aus Seenot in sichere europäische Häfen zu bringen. Nach mehreren Versuchen der Kriminalisierung der Seenotrettung wurde die Iuventa im August 2017 von der italienischen Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Dabei wurden zudem Ermittlungsverfahren gegen mehrere Besatzungsmitglieder*innen eingeleitet.

In der am Samstag beginnenden nicht-öffentlichen Vorverhandlung wird entschieden, ob die Anklage fallen gelassen oder ein möglicherweise jahrelanger Prozess gegen die Seenotretter*innen eingeleitet wird. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen und antirassistische Gruppen haben für den Tag bereits Proteste angekündigt. Auch in Deutschland gibt es seit Wochen Solidaritätsveranstaltungen und -aufrufe.

Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. fordert eine sofortige Einstellung des Verfahrens und ein Ende der Kriminalisierung der Seenotrettung. „Die Crew der Iuventa wollte nicht länger tatenlos zuschauen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken und sterben. Wegen der Rettung von Menschenleben angeklagt zu werden, ist eine Farce. Mit ihrem mutigen Einsatz haben die Iuventa und andere Seenotretter*innen die Humanität gezeigt, die die EU und ihre Regierungen an den europäischen Außengrenzen vermissen lassen.“

Die Rote Hilfe unterstütze alle, die dafür kämpfen, dass Menschenrechte für alle gleichermaßen gelten und ist solidarisch mit den Angeklagten im Iuventa und anderen Verfahren, sagt Sommerfeld. „Seenotrettung ist kein Verbrechen, sondern angesichts der menschenverachtenden Asylpolitik der Europäischen Union dringend notwendig. Wir versichern allen, die deswegen jetzt von Repression betroffen sind unsere Solidarität.“