Skandalurteil im Fall Mouhamed Dramé: Dortmunder Landgericht spricht angeklagte Polizist*innen frei
Mit diesem Urteil übertraf das Gericht sogar die Anträge der Staatsanwaltschaft. Nach der Beweisaufnahme hatte diese für vier von fünf Angeklagten Freisprüche gefordert.
In ihrem Plädoyer hatte die Anklage allerdings dem Einsatzleiter fahrlässige Tötung vorgeworfen und für eine Haftstrafe auf Bewährung plädiert.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den Schützen wegen Totschlags angeklagt. Ein Kollege und zwei Kolleginnen waren wegen gefährlicher Körperverletzung, der Vorgesetzte wegen Anstiftung zu dieser vor Gericht gekommen.
Die angeklagten Polizist*innen hatten ihr Handeln in ihren Einlassungen vor Gericht stets verteidigt und behauptet, sich gegen den jugendlichen Geflüchteten verteidigen zu müssen, da er ein Messer bei sich führte.
Vor den Todesschüssen war Dramé mit Pfefferspray und Taser angegriffen worden. Nur Sekunden danach Kugeln im Gesicht, am Hals, in die Schulter und im Bauch trafen, an denen er wenig später verstarb.
„Trotz der Erwartbarkeit des Urteils lässt eine*n die heutige richterliche Entscheidung fassungslos zurück.“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.
„Ein jugendlicher Geflüchteter in psychischer Notlage ist durch fünf Beamt*innen zu Tode gekommen, die sich angeblich nicht anders zu helfen wussten, als ihn zu töten. Wer soll das bitte glauben? Und das Urteil lautet dann auch noch Freispruch.
Das ist ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen, Freund*innen, der schwarzen Community und der zahlreichen antirassistischen Initiativen, die Aufklärung und Gerechtigkeit für Mouhamed fordern.
Das zeigt einmal mehr, dass Polizist*innen in 99,9 Prozent freigesprochen werden, trotz gewalttätiger und rassistisch motivierter Einsätze. Es verstärkt ein Klima der Angst vor der Polizei, die sich alles herausnehmen kann und am Ende trotzdem Recht bekommt. Und es stärkt die rechten Strukturen in den Polizeibehörden, die sich durch dieses Urteil bestätigt sehen werden. Diese Kultur der Straflosigkeit für die Polizei muss ein Ende haben.“
Die Rote Hilfe erklärt sich solidarisch mit der Familie und den Freund*innen von Mouhamed und ruft dazu auf, sich am Samstag an der Protestdemonstration in Dortmund zu beteiligen, die gegen 13 Uhr an den Katharinentreppen in Bahnhofsnähe beginnt.