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13.12.2025 | Pressemitteilung

Zensur, Verbote, Gewalt: Repressionsbericht stuft BRD herab

Erst 2023 korrigierte der globale Monitor-Civicus-Bericht, der den Zustand der Freiheitsrechte ziviler Bevölkerungen weltweit verfolgt, Deutschland von „offen“ auf „beeinträchtigt“. Mit der am Dienstag veröffentlichten neuen Herabstufung auf „beschränkt“ ist ein weiterer Tiefpunkt erreicht.
Polizeigewalt

Die BRD ist immer vorne mit dabei, wenn es darum geht, den moralischen Zeigefinger gegenüber anderen Gesellschaften zu heben. Gleichzeitig erleben wir seit Jahren eine autoritäre Wende, die weiter an Fahrt aufnimmt. Gerade in den bei Civicus zentralen Kategorien wie Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf friedliche Versammlungen konnten erschreckende Entwicklungen beobachtet werden.

Wir erleben es auf der Straße, in den Medien und vor Gericht in den verschiedensten Zusammenhängen und Verfahrenskomplexen, beispielhaft erst vorletzte Woche in Gießen. Erst wurde die Rechtmäßigkeit von Blockaden kurz davor vom Verfassungsgericht in Frage gestellt. Dann hagelte es Knüppel und Pfefferspray auf friedliche Demonstrierende, wie es massenhaft auf etlichen Videoaufnahmen völlig zweifelsfrei zu erkennen war. Im Nachgang wird dann einem reaktionären Regierungspolitiker wie Hessens Innenminister Roman Poseck medial Raum gegeben, das brachiale Vorgehen zu verteidigen — kritische Nachfragen Fehlanzeige.

Während in der Halle die ehemalige zweifelsfrei extrem rechte »Junge Alternative« unter massivem Polizeischutz Hitlerjugend spielen durfte und sich zur „Generation Deutschland“ gemausert hat, wurden Demonstrationen verboten, angegriffen und Faschist*innen von der Polizei an den Demonstrierenden vorbei eskortiert.

Gießen ist aber nur ein Beispiel, bei dem dieses autoritäre Zusammenspiel sehr deutlich wird. Entscheidend für den Civicus-Monitor war die massive Kriminalisierung der palästinasolidarischen Bewegung in der Bundesrepublik. Insbesondere in Berlin verfolgen wir seit über zwei Jahren, wie deutsche Polizist*innen jegliches Maß verloren haben. Wir erleben Demonstrationsverbote am laufenden Band und eine Brutalität gegenüber Demonstrierenden, die qualitativ und quantitativ ganz neue, erschreckende Ausmaße angenommen hat. Dazu kommen Angriffe auf die Presse und auf parlamentarische Beobachter*innen, gelegentlich auch auf unbeteiligte Passant*innen. Selbst Sprachverbote wurden ausgesprochen.

Zusätzlich werden israelkritische NGOs mit Mittelkürzungen, Razzien und Überwachungen bedacht, während die Bundesregierung dem israelischen Staat volle Rückendeckung für einen Völkermord gibt und Kriegsverbrechen sowie Kriegsverbrecher*innen verharmlost. Auch die Zusammenarbeit des Bundeskanzlers mit der AfD, um besonders restriktive Einwanderungsrichtlinien durchzusetzen und Grenzkontrollen, die sich über deutsches Recht hinwegsetzen schlagen in dieselbe Kerbe. Nach der Wahl leitete Kanzler Friedrich Merz dann Untersuchungen gegen verschiedene NGOs ein, denen er mangelnde „politische Neutralität“ vorwirft. Kein Wunder, dass sich Deutschland nun in derselben Kategorie wie Ungarn, Brasilien und Südafrika wiederfindet.

Hartmut Brückner vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. kommentiert: „Civicus mahnt die ›Verschlechterung des zivilgesellschaftlichen Handlungsraums‹ an, und das völlig zurecht. Als Linke kennen wir diese Gewalt. Wir kennen die Feindmarkierung und wissen auch, wie dehnbar der sogenannte Rechtsstaat sein kann, wenn er sich gegen politische Gegner*innen richtet. Allerdings waren sowohl das Völkerrecht als auch Deutschlands Rolle als vermeintliche Vorzeigedemokratie eine direkte Folge des Zweiten Weltkriegs. In welchem Tempo diese Entwicklungen sich nun gerade hier vollzogen haben, einst wichtige demokratische Prinzipien mit Füßen getreten werden und nicht einmal der Versuch unternommen wird, so zu tun, als wäre alles fein, ist schon besorgniserregend. Für uns heißt das weiter, solidarisch Seite an Seite zu kämpfen, gegen Repression, gegen den autoritären Staatsumbau und gegen die immer weitergehende Einschränkung von Grundrechten.“