Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Türkei/Kurdistan.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Am heutigen 22. März kam es in den frühen Morgenstunden zu fünf Hausdurchsuchungen bei linken Aktivist*innen in Stuttgart, Tübingen und Villingen-Schwenningen.
Die Polizeieinheiten traten während des Einsatzes an mehreren Stellen martialisch auf. Straßen rund um die durchsuchten Gebäude wurden gesperrt und Türen im Linken Zentrum Lilo Herrmann in Stuttgart mit Rammböcken aufgebrochen.
Als Vorwände für diese Repressionsmaßnahmen gegen die linke Bewegung in Baden-Württemberg dienen in diesem Fall zwei unterschiedliche Ereignisse von 2020.
Zum einen soll es um eine angebliche Beteiligung an der „Stuttgarter Krawallnacht“ gehen.
Dort war es im Zuge der repressiven Polizeikontrolle einer Person in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni in der Innenstadt zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei gekommen.
Weitere Durchsuchungsbeschlüsse beziehen sich auf eine antifaschistische Demonstration gegen einen stadtbekannten Neonazi in Konstanz im Oktober des vorvergangenen Jahres. Bei der Outing-Aktion soll es angeblich zu Straftaten gekommen sein.
Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.:
„Die Repression gegen linke Strukturen im Süden geht unvermindert weiter. Den Repressionsbehörden in Baden-Württemberg ist offensichtlich jedes Mittel recht, um gegen linke Aktivist*innen vorzugehen. Die Rote Hilfe e.V. verurteilt diesen neuerlichen Angriff als staatlichen Einschüchterungsversuch und solidarisiert sich mit den Betroffenen.“
Wieder steht in Stuttgart ein linker Aktivist vor Gericht. Vor dem Landgericht Stuttgart versucht die baden-württembergische Justiz ab dem 25. März im Verfahren gegen Chris eine mehrjährige Haftstrafe zu erreichen und sein politisches Engagement zu kriminalisieren.
Bereits in der ersten Instanz am 28. Juli 2020 hatte das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt den Aktivisten wegen Landfriedensbruchs zu acht Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, weil er sich am Silvesterspaziergang an der JVA Stammheim 2018 beteiligt hatte. Konkret vorgeworfen wurde ihm, maßgeblich die Abläufe der Versammlung koordiniert zu haben.
Zusätzlich laufen gegen Chris noch weitere Verfahren, so dass mit großer Sicherheit eine Haftstrafe droht: ihm wird vorgeworfen, am 20. Februar 2020 an einer antifaschistischen Spontandemonstration anlässlich des rassistischen Terroranschlags in Hanau teilgenommen zu haben. Zudem soll er laut Anklage an einer Auseinandersetzung mit Nazis der „Identitären Bewegung“ am Rand einer „Querdenken“-Kundgebung im Mai 2020 beteiligt gewesen sein.
Gleichzeitig ist Chris bereits im Kontext der Besetzung von Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 2018 auf Bewährung gewesen und schon in früheren Jahren war Chris wiederholt ins Fadenkreuz der staatlichen Repressionsorgane geraten, saß 2011 mehrere Monate in Untersuchungshaft und wurde immer wieder mit Verfahren überzogen. Mit dem jetzigen Prozess und der drohenden Haftstrafe will die Stuttgarter Justiz einen Aktivisten und Kommunisten einschüchtern und mundtot machen – eine Strategie, die in der baden-württembergischen Landeshauptstadt zum erschreckenden Alltag gehört. Regelmäßig werden die linke und insbesondere die antifaschistische Bewegung in Stuttgart mit Ermittlungsverfahren und anderen Repressalien überzogen, und die Justiz schreckt auch vor Haftstrafen nicht zurück: Derzeit sitzen mit Dy und Findus zwei Stuttgarter Antifas in Haft, und Jo wurde zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt.
Liebe Genoss*innen,
der Tag der politischen Gefangenen am 18. März erinnert an die Pariser Kommune von 1871 – ein Leuchtfeuer in der Geschichte revolutionärer Erhebungen, zugleich aber auch ein Höhepunkt blutiger staatlicher Repression, der sich in die kollektive Erinnerung linker Bewegungen eingebrannt hat: Beispiellos waren die Massaker an Zehntausenden Kommunard*innen, mit denen die Reaktion Vergeltung übte, beispiellos waren die unzähligen Haftstrafen gegen die Aufständischen. Das Datum, das an die Errungenschaften der Pariser Kommune erinnerte, wurde so auch zum Tag der politischen Gefangenen und verbindet damit die Kämpfe und die Solidarität, die all jenen gilt, die der Staat stellvertretend herausgreift.
Wir kommen in diesen Tagen bei zahllosen Veranstaltungen und Aktionen zusammen, um die Freilassung der politischen Gefangenen zu fordern – hier und weltweit.
Unsere Aktivitäten sind so vielfältig wie unsere Kämpfe und Bewegungen. Egal ob wir mit einer lautstarken Demo vor die Knasttore ziehen oder gemeinsam Briefe an die inhaftierten Genoss*innen schreiben, egal ob wir durch flächendeckendes Plakatieren und Stickern im öffentlichen Raum auf das Datum aufmerksam machen oder mit Vorträgen über die Situation der Gefangenen informieren: Indem wir rund um den 18. März unseren Protest gegen die Kriminalisierung sichtbar machen und unsere lebendige Solidarität mit den Betroffenen praktisch werden lassen, zeigen wir ihnen, dass auch die dicksten Mauern uns nicht trennen können, dass der Staat es nicht schafft, sie aus unserer Mitte und aus unserer Bewegung zu reißen, dass wir den Kampf gegen die staatliche Repression gemeinsam führen, dass wir ihnen zur Seite stehen, damit sie sich nicht kleinkriegen lassen.
Rund um den 18. März - Tag der politischen Gefangenen finden bundesweit zahlreiche Veranstaltungen statt, die wir hier dokumentieren:
Grußwort des Bundesvorstand zum 18. März |
Samstag, 05.03. – Sonntag, 20.3.2022
HANNOVER
„Die Stimme der Freiheit“
Fotoausstellung
Ort: Pavillon, Lister Meile 4, Hannover
Veranstaltet von: Verein Stimmen der Solidarität – Mahnwache Köln e. V.
Freitag, 11.03.2022
HANNOVER
19.00 Uhr
„Unter Druck: Politische Bewegungen in und aus der Türkei“
Veranstaltung mit Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler und Journalist, und Nil Mutluer, aus der Türkei vor der Verhaftung geflohene Soziologin mit Schwerpunkt Feminismus
Ort: Pavillon, Lister Meile 4, Hannover
Veranstaltet von: Pavillon und Rote Hilfe OG Hannover
Freitag, 11.03.2022
WIESBADEN
19.00 Uhr
Briefeschreiben an Gefangene
Es gilt 2G.
Ort: Infoladen Wiesbaden, Blücherstr. 46 (Hinterhaus)
Veranstaltet von: Rote Hilfe OG Wiesbaden
Seit dem 3. März 2022 ist die inhaftierte Klimaaktivistin Ella bis zum 8. März im befristeten Hungerstreik, um ihre Freiheit zu fordern. Ella wurde am 26. November 2020 bei der brutalen polizeilichen Räumung des Dannenröder Walds verhaftet und sitzt seitdem ununterbrochen im Gefängnis. Die überlange Dauer der Untersuchungshaft von inzwischen über 15 Monaten wird dabei mit angeblicher Fluchtgefahr begründet, weil Ella sich weigert, ihre Personalien anzugeben. Ihre Haftbedingungen sind zudem geprägt von regelmäßigen Schikanen.
Vorgeworfen wurden ihr anfangs groteske Straftatbestände, die nach und nach heruntergeschraubt werden mussten, als die Beweislage immer dünner wurde. Als einziger konkreter Vorwurf übriggeblieben ist eine Beinbewegung in Richtung der Polizeibeamten, die in 15 Metern Höhe an ihren Beinen zerrten. Obwohl die Bewegung niemanden berührte, verurteilte das Amtsgericht Alsfeld sie am 23. Juni 2021 zu 27 Monaten Haft – wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs. In der zweiten Instanz, die seit 17. Januar 2022 vor dem Landgericht Gießen läuft, räumten angesichts der entlastenden Beweisvideos die damals beteiligten Polizeibeamten ein, in ihren Aussagen bisher gelogen zu haben. Dennoch weigerte sich der Richter in der Verhandlung am 1. März, einem Antrag auf Haftprüfung stattzugeben und Ella endlich freizulassen.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen Frauen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Zum Tag der politischen Gefangenen am 18.3. bringt die Rote Hilfe e.V. auch in diesem Jahr wieder eine Sonderzeitung heraus, die sich diesmal dem Thema "Solidarität zwischen Drinnen und Draußen" widmet.
Wie schaffen wir es, mit unseren Gefangenen zu interagieren, sie zu stärken und sie an unseren Aktivitäten teilhaben zu lassen? Wie können wir ihre Themen, Kämpfe und Beiträge noch stärker in den Fokus von Bewegung und Gesellschaft rücken? Wie nehmen wir erwartbaren Haftstrafen den Schrecken und fangen sie kollektiv auf?
Neben den Perspektiven von politischen Gefangenen und Rote-Hilfe- und anderen Solidaritätsgruppen in der BRD gibt es auch wieder viele Beiträge zu inhaftierten Aktivist*innen international.
Die 18.3.-Sonderzeitung liegt in diesem Jahr gleich sechs linken Zeitungen an den folgenden Terminen bei:
25.2. junge Welt
15.3. Neues Deutschland
15.3. analyse und kritik
17.3. Jungle World
17.3. Freitag
18.3. unsere zeit
Für die sonstige Verbreitung sind wir alle gemeinsam zuständig. Gibt es die 18.-März-Zeitung auch in deinem Infoladen, AZ, Büro oder deiner WG? Kennst du Läden, wo sie noch ausgelegt werden kann? Dann kontaktiere deine Ortsgruppe oder bestelle beim RH-Literaturvertrieb und hilf mit, dass die Zeitung dort ankommt: This e-mail address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.
Hier gibt es die Zeitung als PDF zum download
Am 26. Februar 2022 finden ab 14 Uhr in über 50 Städten bundesweit Menschenketten der tamilischen Exil-Community statt, die damit gegen die anhaltende Repression auf Sri Lanka protestiert. Bis heute verfolgen die sri-lankischen Repressionsorgane die sozialistische Bewegung; rund 140.000 Tamil*innen gelten als „verschwunden“, und die Zahl der politischen Gefangenen ist unbekannt. Systematisch verletzt die sri-lankische Regierung weiterhin elementare Grund- und Menschenrechte der tamilischen Minderheit und unterbindet die Aufklärung des Genozids im Jahr 2009. Die Bundesregierung ignoriert diese Situation und schiebt in letzter Zeit vermehrt Tamil*innen, die während des Bürger*innenkriegs hierher geflüchtet sind, nach Sri-Lanka ab.
„Die Rote Hilfe e. V. begrüßt es, dass die tamilische Community zu einem Aktionstag gegen Repression und Menschenrechtsverletzungen aufruft“, machte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. deutlich. „Wir fordern ein Ende der Verfolgung der sozialistischen tamilischen Bewegung, die umgehende Freilassung der politischen Gefangenen auf Sri Lanka und die Aufarbeitung der genozidalen Massaker an Aktivist*innen und Zivilbevölkerung. Und vor allem muss die Bundesregierung die Abschiebungen von Tamil*innen sofort beenden.“
18. Februar/18.00-19.30 Uhr
Zugangsdaten: https://rote-hilfe.collocall.de/b/dem-fhi-gxj-zkk
Am 28. Januar 2022 jährt sich zum 50. Mal die Verabschiedung des Radikalenerlasses. Unter Vorsitz von Willy Brandt verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder einen Beschluss, der die Behörden anwies, den Öffentlichen Dienst von so genannten Verfassungsfeinden zu säubern. Betroffen waren Postbot*innen, Lokführer*innen, Verwaltungsbeamt*innen und viele andere. Millionen geheimdienstlicher Überprüfungen, Zehntausende von Verhören und weit über 1500 vollstreckte Berufsverbote waren die Folge. Das Material lieferte der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ (VS).
Um die so genannten Regelanfragen zu allen Anwärter*innen zu bewältigen, wurde der VS zu einem gigantischen und nahezu unkontrollierbaren Apparat aufgebläht. Als gesetzliche Grundlage griffen die Regierenden auf die „Gewährbieteklausel“ des deutschen Beamtenrechts zurück, die aus dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom Mai 1933 stammt.
Das Ziel aller Aktivitäten gegen alte und neue Berufsverbote muss deswegen auch die Abschaffung der gesetzlichen Grundlagen für diese Form der Repression sein. Bis heute kämpfen zahlreiche Betroffene um Rehabilitierung und Entschädigung, bis heute kommen neue Fälle dazu.
Dazu diskutieren:
Lothar Letsche aus Tübingen wollte Gymnasiallehrer werden und erhielt 1977 dafür Berufs- und Ausbildungsverbot. Er arbeitete danach als Verlagsredakteur für Schulbücher und war ab 1981 wissenschaftlicher Angestellter am Deutschen Institut für Fernstudien in Tübingen. Dort wurde er auf Befehl des Wissenschaftsministeriums am letzten Tag der Probezeit gekündigt. Er gewann den Prozess, wurde Betriebsratsmitglied und arbeitete bis zur Rente am Institut. Seit 2001 betreut er die Homepage berufsverbote.de, die der Dokumentation und Solidarität unter den Betroffenen dient.
Silvia Gingold aus Kassel erhielt 1975 Berufsverbot als Lehrerin, weil sie Mitglied in der DKP war. Da das Verwaltungsgericht die Begründung für „nicht ausreichend“ erklärte, musste sie ab 1976 in den Schuldienst eingestellt werden, allerdings nur als Angestellte. Auf Grund ihrer antifaschistischen und friedenspolitischen Aktivitäten überwacht der Inlandsgeheimdienst „Verfassungschutz“ sie bis heute, wogegen sie Klage vor Gericht erhoben hat.
Michael Csaszkóczy, Realschullehrer aus Heidelberg, wurde auf Grund seines antifaschistischen Engagements 2003 in Baden-Württemberg und 2005 in Hessen nicht eingestellt. Nach breiter Protestbewegung und Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim musste er 2007 in den Schuldienst übernommen und teilweise entschädigt werden. Auch er hat von 2012 bis 2016 gegen seine andauernde Überwachung durch den „Verfassungsschutz“ geklagt.
Eine Veranstaltung der Roten Hilfe e.V.
Am 22. Januar marschierten einige wenige Nazis über Stunden durch das Stadtgebiet Magdeburg – geduldet und hofiert von Polizei und Stadtverwaltung. Eine antifaschistische Vorabend-Demo sowie der Gegenprotest hunderter Antifaschist*innen wurde hingegen durch die Polizei bewusst kriminalisiert. Hundertschaften der Polizei behinderten Pressevertreter:innen und Gegendemonstrant:innen, sorgten für gebrochene Nasen und Repression gegen Antifaschist:innen, während den Nazis der Weg für ihren geschichtsrevisionistischen Marsch mit aller Gewalt freigemacht wurde.
Begonnen hat der Protest gegen den Aufmarsch der Nazis bereits am 21. Januar mit der traditionellen Vorabend-Demo. Ein breites Bündnis antifaschistischer Gruppen rief zur Demo durch Magdeburg auf. Die Repressionsbehörden versuchten mit Hundertschaften der Bundespolizei sowie der Polizei Berlin und Sachsen-Anhalt die Demonstrierenden zu stören und provozierten zum Beispiel mit sexistischen Beleidigungen.
Der Protest der Antifaschist:innen endete am Magdeburger Opernhaus. Während in den Abendstunden die Demonstrierenden in Kleingruppen den Weg nach Hause suchten, griff die Polizei Einzelne heraus. Ein Aktivist wurde ohne Ankündigung umgerissen und mit dem Gesicht über den Boden geschleift. Insgesamt wurden drei Personen aus der Vorabend-Demo herausgegriffen, um sie festzusetzen. Bereits hierbei gab es mehrere Verletzte, welche anschließend medizinisch versorgt werden mussten.