Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Aktion und Kunst im öffentlichen Raum.
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Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Am 07. Januar 2005 kam Oury Jalloh in der Gewahrsamszelle Nummer fünf des Dessauer Polizeipräsidiums ums Leben. Auch zwölf Jahre danach ist sein gewaltsamer Tod weder aufgeklärt noch wurden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Wir rufen zum Protest in Gedenken an Oury Jalloh und alle Opfer rassistischer Polizeigewalt am 07. Januar 2017 um 14.00 Uhr in Dessau-Roßlau auf. Denn: Oury Jalloh – das war Mord!Nachdem er unrechtmäßig festgenommen und in Polizeigewahrsam festgehalten wurde, fixierte man Oury Jalloh auf einer feuerfesten Matratze und verbrannte ihn bei lebendigem Leib bis zur Unkenntlichkeit. Im Anschluss behaupteten die verantwortlichen Polizeibeamten, Oury Jalloh habe sich selbst getötet. Um den unter massivem Drogeneinfluss stehenden Mann vor sich selbst zu schützen, hätten die diensthabenden Beamten ihn auf einer feuerfesten Matratze fixiert. Dennoch habe er ein bei der Festnahme übersehenes Feuerzeug genutzt, um die Unterlage und damit sich selbst anzuzünden. Dass jede Hilfe zu spät kam, wurde auf die defekte Brandmeldeanlage geschoben, die man aufgrund häufig fehlerhaften Alarms abgeschaltet habe.
In einem an beispielloses Schmierentheater grenzenden ersten Verfahren wurden die angeklagten Beamten freigesprochen. Als Grund gab der Richter an, dass die Falschaussagen der Polizei eine zufriedenstellende Klärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hätten. Gegen dieses lächerliche Urteil wurde Revision eingelegt, die zu einer Verurteilung des zuständigen Dienstgruppenleiters zu 10.800 Euro wegen „fahrlässiger Tötung“ führte - so viel ist dem Staat ein Menschenleben wert.
Bis heute fehlt seitens des Staates jegliche Bereitschaft, den Todesumständen Oury Jallohs ernsthaft auf den Grund zu gehen. Noch immer geht man trotz aller Widersprüche offiziell davon aus, dass er sich selbst angezündet habe. Doch: Oury Jalloh – das war Mord!
„Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern“
Erster Band der Schriftenreihe des Hans-Litten-Archivs zur Geschichte der Roten Hilfe erschienen
Michael Dandl
Erinnern bedeutet - aus sozialgeschichtlicher Perspektive - immer Kämpfen. Es bedeutet, sich die ehedem geführten Kämpfe gegen unzumutbare Verwerfungen gesellschaftlicher Zustände und oktroyierter Staatsmachtkonstellationen nachträglich verdichtend anzueignen und sie plausibel erlebbar ins Jetzt zurückzuholen. Und es bedeutet - wie in der vorliegenden Untersuchung zur Geschichte der Roten Hilfe -, historische Leerstellen zu füllen, indem den Akteur*innen jener massenbewegten Kämpfe in anschaulicher, kontextualisierender Weise Namen, Orte und politische Aktionsradien zugewiesen werden - und ihr hochgradig lebensgefährliches Engagement in komplexe Zusammenhänge eingebettet wird.
Mit der seit Mitte September 2016 vorliegenden Arbeit Silke Makowskis wird nun zum ersten Mal ein ausführlicher erinnerungspolitischer Text veröffentlicht, der sich vertiefend und klar konturierend mit der unerträglichen Situation auseinandersetzt, in die eine in der Weimarer Republik (1918 - 1933) aufgebaute Massenorganisation mit zum Zeitpunkt ihres Verbots mehr als einer Million Mitgliedern nach der Machtübertragung an die Faschisten geraten war. Der 120 Seiten umfassende, durchweg bebilderte DIN A4-Band mit dem Titel „Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern“ ist ein auf jahrelanger wissenschaftlicher Recherche fußender Text über die Anfang der 1920er Jahre gegründete Rote Hilfe Deutschlands (RHD) in der Illegalität ab 1933.
Mit ihm ist es nun aufarbeitungstechnisch möglich, sich einen nahezu kompletten Zugang zu verschaffen zu den antirepressiven Konfliktlinien in einem an die Schaltstellen der Staatsmacht gehievten Herrschaftssystem des offenen Terrors und der nahezu lückenlosen Ausmerzung aller als „volksgemeinschaftsgefährdend“ Deklarierten. Politische Repression, hierbei freilich in seiner brutalsten, willkürlichsten Form zum Tragen kommend, ist zwar immer der auf das jeweilige Regime „zugeschnittene“, selbstlegitimatorische, selbstreferenzielle Versuch, grundlegenden Wandel der als unumstößlich apostrophierten Verhältnisse dauerhaft zu verhindern; aber die nationalstaatlicherseits hierfür zur Verfügung stehenden Mittel - aufgeschlüsselt in gewaltmonopolistisch getragenen Apparaten, Bürokratien und Institutionen - können sich derart divergierend materialisieren, dass das für die von ihrem Einsatz Betroffenen den Verlust ihres Arbeitsplatzes, ihrer Gesundheit, ihrer Freiheit, ihres sozialen Umfelds oder eben ihres eigenen Lebens bedeuten kann.
Wir dokumentieren den Prozessbericht einer Solidaritätsgruppe für angeklagte Anti-Atom AktivistInnen
Im Sommer 2012 blockierten eine Ankettaktion und eine Kletteraktion die Bahnstrecke zwischen Münster (Westfalen) und der Urananreicherungsanlage in Gronau. Das OLG Hamm bestätigte nun die mit 90 und 110 Tagessätzen unüblich hohen Strafen des Landgerichts Münster für die Ankettaktion. Während das Verfahren wegen der Kletteraktion nach kurzer Zeit eingestellt wurde, wurden die beiden damals Angeketteten vor dem Amtsgericht Steinfurt und in der Berufung vor dem Landgericht Münster wegen „Störung öffentlicher Betriebe“ verurteilt. Die im Dezember 2015 gegen das Urteil eingelegte Revision wurde nun vom Oberlandgericht Hamm verworfen. Damit ist die Entscheidung des Landgerichts rechtskräftig, nach der die beiden Angeketteten zu 90 und 110 Tagessätzen zu je 15€, also zu 1350€ und 1650€ Geldstrafe verurteilt wurden.
Im nun bestätigten Urteil des Landgerichts wird vermeintlich strafmildernd benannt, den Angeklagten sei lediglich eine Störung im Zeitraum von ca zwei Stunden zuzurechnen. Es handelt sich bei der verhängten Strafe jedoch im Gegenteil um die bisher höchsten Strafen, die für eine solche Aktion im deutschsprachigen Raum von höheren Gerichten bestätigt wurden. So wurden beispielsweise die Beteiligten einer Ankettaktion an einem Betonblock unter den Schienen im Wendland trotz 16stündiger Verzögerung des Transportes zu Strafen zwischen 35 und 40 Tagessätzen verurteilt und eine Ankettaktion an der ICE Hauptstrecke zwischen Hamburg und Hannover mit ebenfalls zweistündiger Verzögerung zog ebenfalls eine Verurteilung zu 40 Tagessätzen nach sich. Andere vergleichbare Verfahren wurden gegen Geldauflagen eingestellt.
Rote Hilfe e.V. fordert Freilassung von Musa Aşoğlu
Am Abend des zweiten Dezember wurde der linke Aktivist Musa Aşoğlu in Hamburg festgenommen. BeamtInnen des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) hatten eine Wohnungstür aufgebrochen, den 55-Jährigen gemeinsam mit einer weiteren Person festgenommen und in eine lokale Polizeistation gebracht. Während die mit ihm festgenommene Person auf freien Fuß gesetzt wurde, sitzt Musa Aşoğlu derzeit in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe in Untersuchungshaft.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Festgenommenen in einer Pressemitteilung vor, Mitglied der in Deutschland seit 1998 verbotenen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) zu sein. Er soll sich in Europa seit Inkrafttreten des Paragrafen 129b StGB (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung) am 30. August 2002 „als hochrangiger Führungsfunktionär der Rückfront der DHKP-C“ betätigt haben.
Wir dokumentieren eine Pressemitteilung des RAV
Mit großer Besorgnis verfolgen wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des Anwaltlichen Notdienstes des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) die Berichterstattung im Vorfeld des im Dezember stattfinden OSZE-Gipfels in Hamburg. Über 10.000 Polizeibeamte sollen für die Sicherheit der Teilnehmenden sorgen, es wird u.a. zu zahlreichen Absperrungen von Straßen in der Innenstadt sowie im Umfeld des Tagungsortes kommen. Weiterhin wird selbst der Gerichtsbetrieb im Straf- und Ziviljustizgebäude des Amtsgerichts Hamburg eingeschränkt werden. Polizeiliche Einsätze zur Sicherung von (Groß-)Ereignissen haben sich immer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren, sie sind ihrem Charakter nach deeskalierend durchzuführen. Insbesondere haben sie sich an einer belastbaren und nachvollziehbaren polizeilichen Gefahrenprognose zu orientieren, um so viel Sicherheit wie nötig und so wenige Einschränkungen wie möglich zu erreichen.
Da nun aber in den bisherigen öffentlichen Verlautbarungen von einer vergleichsweise entspannten Sicherheitslage für die OSZE-Tagung gesprochen wurde, bleiben die Verantwortlichen der Polizei und in der Politik jede Erklärung für die Dimensionen des anstehenden Polizeieinsatzes während des OSZE-Gipfels schuldig. Auch der Hinweis, bei dem Einsatzkonzept handele es sich um eine „Generalprobe“ für den G20-Gipfel im Juli nächsten Jahres, halten wir für eine alarmierende, weil freiheitsgefährdende Begründung. Sie kann als vorauseilende Legitimation einer bereits in letzter Zeit zu beobachtenden, massiven polizeilichen Aufrüstung verstanden werden. So bspw. im Juli diesen Jahres das unverhältnismäßige Eindringen von mit Maschinenpistolen bewaffneten Sondereinheiten in das linke Wohnprojekt „Plan B“ in St. Pauli oder die Anschaffung des neuen Einsatzfahrzeuges „Survivor“.
Vom 21.12.2016 bis einschließlich 08.01.2017 sind die Bundesgeschäftsstelle und der Literaturvertrieb geschlossen und unsere dort arbeitenden GenossInnen im wohlverdienten Jahresendurlaub.
Eure Anfragen und Bestellungen werden daher erst wieder ab dem 9. Januar bearbeitet.
Mit solidarischen Grüßen,
Bundesvorstand Rote Hilfe e.V.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe ist das Thema "Siegerjustiz - Verfolgung und Delegitimierung eines sozialistischen Versuchs seit 1990".
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Ältere Ausgaben gibt es zum Download als PDF.
Wir dokumentieren einen Aufruf des Bonner Solidaritätskomitee Kurdistan
REPRESSION BEENDEN!
Demo für die Abschaffung des PKK-Verbots
26.11.2016 – Bonn, Kaiserplatz – 14 Uhr
Seit Jahren überziehen deutsche Behörden in Deutschland lebende kurdische Aktivist*innen mit Strafverfahren, von denen viele mit langjährigen Haftstrafen endeten.
Seit April 2015 wurden wieder mutmaßliche Funktionäre der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mithilfe des §129b des Strafgesetzbuches (Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung) in immer dichterer Abfolge in Deutschland verhaftet. Bei dieser Art Verfahren müssen den Angeklagten keine konkreten Straftaten zugeordnet werden, um sie zu bis zu 10 Jahren Haft zu verurteilen.
Aktuell befinden sich 12 kurdische Aktivisten wegen des Vorwurfs der Betätigung für die seit November 1993 verbotene PKK in deutschen Gefängnissen.
Die Repression gegen politisch aktive Kurd*innen in der Bundesrepublik äußert sich auch in einer Vielzahl an Verfahren wegen des Zeigens verbotener Symbole oder des Rufens unerwünschter Parolen. Die Behörden verweigerten Tausenden Kurdinnen und Kurden eine Einbürgerung oder verfügten Ausweisungen wegen angeblicher Unterstützung terroristischer Aktivitäten, die sich bei näherem Hinsehen auf die Teilnahme an legalen Demonstrationen und Veranstaltungen beschränkten.
Der nächste Angriff der türkischen AKP-Regierung unter Ministerpräsident Erdogan gilt oppositionellen Vereinen, Nichtregierungsorganisationen und Anwält*innenverbänden.
Landesweit wurden am elften November 370 Räumlichkkeiten von Spezialeinheiten der Polizei geschlossen und versiegelt.
Darunter befinden sich neben linken und kurdischen Vereinigungen wie dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung (KJA) in Diyarbakir, Frauenberatungsstellen, kurdischen Sprach- und Schriftstellervereinigungen auch die Progressive Jurist*innenvereinigung (CHD), die Freiheitliche Jurist*innenvereinigung (ÖHD), die „Gerechtigkeitsschule“ und die Anwaltskanzlei des Volkes (HHB). Der türkische Staat greift damit auch gezielt progressive Anwaltsstrukturen an, die politische Gefangene vertreten, begleiten und unterstützen, um die Fortsetzung ihrer Arbeit zu verhindern.
Mit den Vereinsverboten versucht der türkische Staat offensichtlich weitere kritische und oppositionelle Stimmen zu kriminalisieren und zum Schweigen zu bringen.
Der ehemaligen Juso-Vorsitzenden Franziska Drohsel ist wegen ihrer ehemaligen Mitgliedschaft in der Roten Hilfe e.V. von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf ein Amt als Stadträtin verweigert worden. Eine große Mehrheit, getragen von CDU, AfD und FDP lehnte ihre Berufung als Stadträtin für Jugend und Gesundheit ab.
Vorausgegangen war eine Schmutzkamkagne des Boulevardblattes BZ, das die ehemalige Mitgliedschaft Drohsels in der strömungsübergreifenden linken Solidaritätsorganisation 'Rote Hilfe e.V.' (RH) thematisierte. Im Jahr 2007 war durch den Inlandsgeheimdienst („Verfassungsschutz“) und die Rechtsaußen-Postille 'Junge Freiheit' die Mitgliedschaft der SPD-Politikerin in der Roten Hilfe öffentlich gemacht worden. Franziska Drohsel trat damals aus der Organisation aus, um weiteren Schaden von den Jusos abzuwenden, lehnte es aber ab, sich von ihrer Mitgliedschaft zu distanzieren.