Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Repression gegen migrantische Aktivist_innen.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Am 01. Oktober startet die Rote Hilfe e.V. die Kampagne ‚Solidarität verbindet‘. Das erklärte Ziel ist es, der gesamten Linken, den sozialen Bewegungen und der interessierten Öffentlichkeit die Ziele des seit über 40 Jahren bestehenden bundesweiten und strömungsübergreifenden Vereins für alle Linken näher zu bringen.
Die Kernarbeit der Roten Hilfe e.V. besteht in der Unterstützung von Repression betroffener linker Aktivist*innen. Die Vermittlung von solidarischen Anwält*innen sowie politische und finanzielle Unterstützung gehören zur Alltagsarbeit der Roten Hilfe e.V., die sie in über 50 Städten leistet.
Darüber hinaus tritt der Verein gegen Organisationsverbote und Gesetzesverschärfungen wie die neuen Polizeigesetze oder im Bereich des Asylrechtes ein. Politische Gefangene, die es entgegen den Verlautbarungen von Politik und Behörden durchaus auch in der BRD gibt, erhalten ebenfalls solidarische Unterstützung durch die Rote Hilfe e.V. Dabei geht es nicht darum, sich Inhalte oder Programmatik von Organisationen zu eigen zu machen, sondern dafür zu sorgen, dass Aktivist*innen im Fall von Repression nicht isoliert da stehen oder durch hohe Strafen ruiniert werden.
Leitgedanke der Vereinsaktivitäten ist die Solidarität unter Betroffenen und kollektive Gegenwehr im Fall von politischer Gesinnungsjustiz, die täglich zu beobachten ist.
Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.:
„Die Kampagne ‚Solidarität verbindet‘ soll unseren Verein ansprechbarer machen und unsere Forderungen und Inhalte auch in politischen Kreisen zur Diskussion stellen, in denen wir bisher noch nicht oder kaum vertreten sind. Eine zunehmend polarisierte Gesellschaft mit einem starken Rechtsruck braucht einen verbildlichen und kontinuierlich präsenten Solidaritätsverein mehr denn je. Die Kriminalisierung der Rettung von Menschenleben auf dem Mittelmeer, Anfeindungen gegen die Klimabewegung oder die Sanktionierung des Bekenntnisses zum Antifaschismus im Deutschen Bundestag sind sichtbare Ausdrücke dieser gesellschaftlichen Tendenz. Wir rufen dazu auf, die Rote Hilfe e.V. zu stärken und ihr beizutreten. Um unsere Arbeit abzubilden, haben wir beispielsweise eine Plakatreihe entworfen, die interessierten Bewegungen und Einzelpersonen einen direkten Eindruck unserer Kernarbeit vermitteln soll. Gerne stehen wir auch persönlich zur Diskussion zur Verfügung. Denn es werden auch über die Rote Hilfe e.V. viele Unwahrheiten verbreitet. Rechte aller Couleur fordern unser Verbot und dagegen setzen wir uns politisch zur Wehr. Wir laden alle Menschen ein, die ein Interesse an einer solidarischen Gesellschaft haben und für diese streiten, mit uns direkt in Kontakt zu treten und über Gemeinsamkeiten wie auch mögliche Differenzen zu diskutieren. Unabhängig von der konkreten politischen Ausrichtung oder Schwerpunktsetzung sollte im Fall von staatlichen Angriffen eines klar sein: Gemeinsam sind wir stärker und Solidarität verbindet.“
Zur Kampagnewebseite: https://www.solidaritaet-verbindet.de/
Wir dokumentieren im Folgenden die Pressemitteilung des Solikreis zum Berufungsverfahren:
*Kein Urteil im Berufungsprozess der drei in Frankreich inhaftierten Nürnberger – Prozess wird am 17.10. fortgesetzt – Anwälte beklagen massive Verfahrensfehler – Gerichtsgebäude durch Polizei gewalttätig geräumt.*
Am heutigen Freitag fand im französischen Pau das Berufungsverfahren der drei in Frankreich inhaftierten Nürnberger statt. Auf knapp 30 Seiten monierte die Verteidigung, bestehend aus Alice Becker, Raphael Kempf und Arié Alimi bereits zu Beginn massive Verfahrensfehler bei den bisherigen Vorgängen. Bis in den frühen Abend tagte das Gericht, ein Urteil fiel jedoch nicht. Die Weiterführung des Prozesses wurde auf den 17. Oktober vertagt.
Bis dahin verbleiben die drei jungen Nürnberger in Haft. Nach der Verhandlung ging die anwesende Polizei mit massiver Gewalt gegen die ProzessbeobachterInnen vor und drängte sie unter Einsatz von Pfefferspray aus dem Gerichtsgebäude. Bereits zu Beginn bot sich den ProzessbeobachterInnen ein martialisches Bild von Polizeiabsperrungen und- Präsenz rund um den Gebäudekomplex. Die Angeklagten wurden mit Handschellen und über einem Dutzend Beamter in den Gerichtssaal verbracht. „Auf die Anwesenden machte es den Eindruck, der französische Staat schaffe hier eine Szenerie, die darauf angelegt war, die drei jungen Menschen zu Terroristen zu stilisieren “, meint Christiane Brand aus dem Presseteam des Nürnberger Solikreises, der über den Tag stetig Kontakt zu den angereisten Angehörigen und FreundInnen hielt. Eine Solidaritätskundgebung vor dem Gericht erklärte den dreien ihre Unterstützung und auch die angereisten Eltern der drei sprachen zu den DemonstrantInnen.
Am Freitag, 27. September 2019 findet im französischen Pau der Berufungsprozess gegen drei linke Aktivisten aus Nürnberg statt, die unter faktisch rechtswidrigen Umständen seit über einem Monat in Frankreich in Haft sind. Anlass ihrer Inhaftierung sind keine kriminalisierbaren Handlungen oder auch nur Beweise für eine konkrete Planung von schweren Straftaten, sondern einzig und allein ihre politische Meinung. Dieses offensichtliche Beispiel für eine willkürliche Gesinnungsjustiz ist Teil der massiven Repressionsmaßnahmen, die die französischen Behörden rund um den G7-Gipfel im baskischen Biarritz ausübten.
Die drei jungen Männer waren auf der Durchreise durch Südfrankreich in den Urlaub, als sie am 21. August 2019 auf der Autobahn von der Polizei kontrolliert und in Gewahrsam genommen wurden. Vorgeworfen wurde ihnen, sie seien auf dem Weg zu den Protesten gegen das Gipfeltreffen, das drei Tage später begann. Um aus einem Grundrecht wie der Teilnahme an einer Versammlung einen Tatvorwurf zu drehen, argumentierten die Repressionsorgane, sie hätten zu dritt eine „gewalttätige Gruppe“ gegründet mit dem Ziel, bei den Aktionen gegen den G7 Straftaten zu begehen. Grundlage dafür ist ein in Frankreich massiv umstrittenes Gesetz aus dem Jahr 2010, das bereits die spontane Bildung solcher Gruppen unter Strafe stellt. Damit sind der willkürlichen Zuschreibung von „Gruppenbildung“ durch die Polizei und der Kriminalisierung jeder unerwünschten Ansammlung von oppositionellen Personen Tür und Tor geöffnet. Als Anlass, um drei durchreisende Heranwachsende auf diese Art zu verfolgen, wurde linke Literatur in ihrem Reisegepäck benutzt sowie die Tatsache, dass sie auf einer internen „Schwarzen Liste“ standen, die die französischen Behörden im Vorfeld des Gipfels über mögliche Gegner*innen erstellt hatten.
Die Reform des Hamburger Polizeirechts setzt neue Maßstäbe der Repression Keine Zeit für Fragen: Binnen weniger Wochen wollen SPD und Grüne in Hamburg ein neues, angeblich grundrechtsfreundliches Polizeigesetz durchpeitschen. Was sie als moderat bezeichnen, hat es in sich: Zwar müssen viele Maßnahmen, die in anderen Bundesländern auf massiven Protest gestoßen sind, in der Hansestadt nicht eingeführt werden – weil es sie dort schon lange gibt. Aber das Gesetz gibt der Hamburger Polizei vor allem die Möglichkeit, noch mehr als bisher Menschen aufgrund von Prognosen, Vermutungen und Spekulationen zu überwachen und zu verfolgen.
Der Gesetzentwurf soll bisher rechtlich nicht abgesicherte Praktiken der Polizei legalisieren, wobei damit die polizeiliche Arbeit immer weiter ins Vorfeld einer tatsächlichen „Gefahr“ verschoben wird. Eine große Diskussion ist zumindest in der parlamentarischen Auseinandersetzung nicht zu erwarten. Kaum hatte der Senat den Gesetzentwurf nach der Sommerpause veröffentlicht, wurde er schon im Plenum der Hamburgischen Bürgerschaft und weitere drei Wochen später im Innenausschuss abgehandelt. Dann noch eine schnelle Expert*innen-Anhörung, und schon ist das neue Gesetz wahrscheinlich bereits im Herbst durch. Damit hat sich Rot-Grün an der Elbe schlauer angestellt als andere Bundesländer, denn durch die hanseatische Eile wird eine öffentliche Diskussion wie anderswo faktisch verunmöglicht. So hatte in Bayern der gummiartige Begriff der „drohenden Gefahr“ enormen öffentlichen Protest ausgelöst, weil er unübersehbar so interpretationsfähig ist, dass er alles erlaubt. Eine solche gesetzlich unscharfe Norm wurde im Entwurf in Hamburg zwar vermieden, aber „Prävention“ ist der Begriff der Stunde, um Fußfesseln, gezielte Kontrollen und Überwachungssoftware zu legitimieren. Dies bedeutet jedoch nichts anderes, als dass für freiheitsbeschränkende und andere Maßnahmen weder eine konkrete Tat, noch zumindest ein gut begründeter Verdacht vorliegen muss, sondern allein eine Prognose, die die Polizei praktischerweise gleich selbst stellen darf.
Nachdem die Essener Polizei am 06. Mai 2018 Fotos von antifaschistischen Demonstrant*innen auf Facebook und Twitter veröffentlicht hatte, entschieden sich zwei Betroffene zur Klage.
Das Oberverwaltungsgericht Münster gab ihnen am 17. September 2019 in der zweiten Instanz recht.
Sowohl das Anfertigen als auch das Veröffentlichen der Fotos war laut Urteilsspruch rechtswidrig, weil dadurch die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit beeinträchtigt würde. Schließlich könnten Bürger*innen von der Teilnahme an einer Demo abgehalten werden, wenn sie damit rechnen müssten, von der Polizei aufgenommen zu werden, so das Gericht.
„Antifaschist*innen wissen, dass auf Demonstrationen gegen Rechts in vielen Fällen Fotos durch die Repressionsbehörden angefertigt werden, ohne dass klar erkennbar ist, zu welchem Zweck oder in welchen Datenbanken diese gespeichert werden. Wir begrüßen die Klage der Demonstrant*innen, die im vergangenen Jahr öffentlich Position gegen die rechtsgerichtete Gruppierung „Eltern gegen Gewalt“ bezogen haben. Das Urteil hat eine Signalwirkung und kann zumindest etwas dazu beitragen, die Datensammelwut der Polizeibehörden einzuschränken. Im vorliegenden Fall ging die Essener Polizei sogar noch weiter, denn im Internet veröffentlichte Fotos von antifaschistischen Demonstrant*innen können für die Betroffenen eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten, wenn sie von militanten Neonazis identifiziert werden. Es ist wichtig, politisch und juristisch gegen die Verletzung politischer Grundrechte vorzugehen. Natürlich machen wir uns keine Illusionen darüber, dass die systematische Überwachung linker Aktivist*innen auf Protestaktionen durch Gerichtsurteile beendet wird. Ob diese offensichtlich rechtswidrige Veröffentlichung von Demonstrationsbildern für die Essener Polizei letztendlich Konsequenzen haben wird, darf bezweifelt werden“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
Wir dokumentieren ein Interview mit Silke Makowski vom Hans-Litten-Archiv mit der jungen Welt:
Das Göttinger Hans-Litten-Archiv wehrt sich gegen Nennung im Bericht des »Verfassungsschutzes«. Ein Gespräch mit Silke Makowski
Interview: Marc Bebenroth
Seit wann gibt es das Hans-Litten-Archiv, und wie kam es zur Gründung?
Das Hans-Litten-Archiv wurde im Jahr 2005 gegründet. Es ist nach dem Rechtsanwalt und Strafverteidiger benannt, den die Nazis 1938 im Konzentrationslager Dachau ermordeten. Die Initiative zur Gründung ging damals zwar vom Verein Rote Hilfe aus, und wir haben auch einen Bestand mit Unterlagen dieser Organisation, aber der Großteil unserer Archivalien umfasst andere Solidaritätsorganisationen der Arbeiterbewegung und der sozialen Bewegungen der letzten hundert Jahre. Wo unser Forschungsschwerpunkt liegt, zeigt schon ein Blick auf unsere Internetseite: Hier sind fast ausschließlich Materialien aus den 1920er, den 30er und aus den 70er Jahren zu finden.
Nachdem mit Beschluss vom 28.08.2019 der 7. Strafseneat des OLG München den Haftbefehl gegen Deniz Pektas außer Vollzug gesetzt hat, verbleibt lediglich Müslüm Elma als letzter von zehn Angeklagten nach über vier Jahren weiterhin in Untersuchungshaft.
Die Genoss*innen wurden im Zuge einer europaweiten Polizeiaktion am 15.04.2015 festgenommen. Seit dem 17. Juni 2016 wird ihnen wegen angeblicher „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach §129b der Prozess gemacht.
„Wir freuen uns, dass Deniz Pektas nach so langer U-Haft endlich entlassen wurde. Dieser Prozess ist nicht anderes als ein Geschenk der Bundesregierung an das diktatorische Regime in Ankara, welches versucht jegliche linke Exilopposition zum Schweigen zu bringen. Seit inzwischen über vier Jahren prozessiert die Bundesanwaltschaft in diesem skandalträchtigen politischen Verfahren gegen die zehn Aktivist*innen. Es ist schon lange an der Zeit diese Farce zu beenden. Müslüm Elma muss unverzüglich freigelassen und das Verfahren eingestellt werden.“, erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
Weitere Infos zum Prozess auf dem Blog der Verteidigung: https://www.tkpml-prozess-129b.de/de/
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe ist die Straflosigkeit von Verbrechen, die von der Polizei, dem Militär, dem Staat verübt wurden.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Ausserdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat bekanntgegeben, dass sie die elf Strafverfahren wegen der Internetplattform linksunten.indymedia.org nun ergebnislos eingestellt hat. Weder konnten Beweise gefunden noch die Vorwürfe gegen die Beschuldigten erhärtet werden. Damit zeigt sich mehr als deutlich, dass es sich bei den Repressalien von Anfang an um eine Zensurmaßnahme handelt mit dem Ziel, ein unliebsames Medienprojekt mundtot zu machen und andere unabhängige Journalist*innen einzuschüchtern.
Mehr als zwei Jahre lang hatten die Repressionsbehörden mehrere linke Aktivist*innen mit Hausdurchsuchungen, Verfahren und öffentlichen Verleumdungen überzogen. Bei einer Razzia am 25. August 2017 waren Privatwohnungen und ein autonomes Kulturzentrum in Freiburg durchsucht und dabei zahllose Speichermedien, Computer, Schriftstücke und andere Gegenstände beschlagnahmt worden. Die Maßnahmen richteten sich gegen ein unabhängiges Nachrichtenportal, das in den neun Jahren ihrer Existenz für die linke Öffentlichkeitsarbeit und verlässliche antifaschistische Recherche gewonnen hatte, weshalb auch zahlreiche bürgerliche Journalist*innen regelmäßig auf die Informationen von linksunten.indymedia.org zurückgriffen. Um die hohen Hürden zum Schutz der Pressefreiheit zu umgehen, konstruierten die Strafverfolgungsorgane einen „Verein“, um mittels Vereinsverbot gegen die unbequeme Onlineplattform vorgehen zu können.