Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Türkei/Kurdistan.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Rund um den 18. März bieten wir erstmalig auch Online-Veranstaltungen an.
Ihr könnt euch unter dem folgenden Link einfach dazu schalten:
https://rote-hilfe.collocall.de/b/adm-hmc-txe-bd
Liebe Genossinnen und Freundinnen, liebe Mitstreiterinnen,
es ist selten, dass wir als Rote Hilfe e. V. uns bei einer Kundgebung zu Wort melden, die scheinbar nichts mit dem Themenfeld Antirepressionsarbeit zu tun hat. Tatsächlich waren feministische Kämpfe jedoch von Anfang an staatlichen Repressionsmaßnahmen ausgesetzt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sahen sich Frauendemonstrationen, die für elementare Grundrechte wie das Wahlrecht eintraten, und Streiks von Textilarbeiterinnen, die bessere Arbeitsbedingungen und Löhne auch für Frauen einforderten, brutaler Polizeigewalt und Verhaftungen gegenüber.
Wie ein roter Faden durch die feministische Geschichte zieht sich die Kriminalisierung von Kampagnen gegen den §218, für das Recht von Frauen, selbst über ihren Körper zu verfügen: in den 1970er Jahren wurden Aktivistinnen des Frankfurter Frauenzentrums, die Ärzt*innen in den Niederlanden empfahlen und kollektive Fahrten dorthin organisierten, sogar zu einer „kriminellen Vereinigung“ nach §129 erklärt.
Den Kampf gegen den §219, der die Aufklärung über die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs strafrechtlich verfolgt, rückte in den letzten Jahren vor allem durch die engagierte Gynäkologin Kristina Hänel wieder in den Fokus, die ein Informationsrecht auch für schwangere Frauen einfordert.
Am 3. März 2021 wurde bekannt, dass der seit 1981 in den USA inhaftierte Journalist und ehemalige Black-Panther-Aktivist Mumia Abu-Jamal definitiv an Covid-19 erkrankt ist. Schon seit Wochen ist in seinem Flügel in SCI Mahanoy etwa die Hälfte der Gefangenen mit Corona infiziert, doch die Reaktion der Gefängnisleitung bestand lediglich in noch eingeschränkteren Bewegungsmöglichkeiten für die Gefangenen, Besuchsverbot und neuen Restriktionen beim Postverkehr.
Zusätzlich erhielten die Gefangenen ein paar wenige Atemschutzmasken, erst zu spät und zu wenig kamen Tests zum Einsatz, und eine angemessene ärztliche Behandlung ist schlichtweg unmöglich. Mumia selbst hat bereits seit dem 26. Februar 2021 starke Atemnot, Druck im Lungenbereich und fühlt sich sehr schwach. Der 66-Jährige leidet als politischer Langzeitgefangener unter schweren Vorerkrankungen, was seine Situation lebensbedrohlich macht.
Unter anderem überlebte er 2016/17 nur knapp eine Hepatitis-C Erkrankung und hat seitdem eine Leberzirrhose sowie weitere gesundheitliche Probleme. Umso dringlicher ist jetzt die bereits letzte Woche erhobene Forderung, Mumia Abu-Jamal sofort freizulassen und in ein Zivilkrankenhaus zu verlegen.
Dieselbe Forderung muss für alle an Covid-19 erkrankten Gefangenen und alle Langzeitgefangenen in Pennsylvania und im Rest der USA erhoben werden.
Spendenaufruf des EA Hamburg
Der junge russische Anarchist, der im Juli 2017 im Rahmen der NoG20-Proteste für über vier Monate mehrere Monate in Untersuchungshaft saß, konnte nach fast einem Jahr unfreiwilligem Aufenthalt endlich zurück nach Hause. Als ihm dort weitere Verfolgungen drohten, sah er sich Anfang 2021 gezwungen, Russland zu verlassen und in einem EU-Staat Asyl zu beantragen.
Allerdings hatte die Hamburger Ausländerbehörde ihn schon Ende 2017 aus der BRD ausgewiesen und eine fünfjährige Einreisesperre für den gesamten Schengenraum gegen ihn erwirkt, obwohl das Gerichtsverfahren gegen ihn zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen war und es letztlich zu keiner rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist. Mithilfe seiner Anwältin konnte diese Sperre zwar mittlerweile gerichtlich aufgehoben werden, wurde aber aus den SIS II-Datenbanken nicht gelöscht, was nun zu großen Problemen führte.
Am 16. Januar 2021 flog der Aktivist ohne Visum in eine Großstadt der EU und bat nach Ankunft in der Transitzone des Flughafens um Asyl, woraufhin er im Flughafen inhaftiert wurde. Nach mehreren Tagen teilte man ihm mit, er sei eine Bedrohung für die Sicherheit und Ordnung des Landes und er dürfe weder „einreisen“ noch im Flughafenverfahren einen Asylantrag stellen.
Seine Anwältin erhob sofort Klage und erwirkte, dass er am 26. Januar freikam und und einen Asylantrag stellen konnte.
Um die Kosten für die Anwältin, Übersetzungen etc. zu decken, werden noch mindestens 1500,- Euro benötigt. Der EA Hamburg ruft zu Spenden mit dem Betreff „G20 Asyl“ auf.
Spenden-Konto:
IBAN: DE26200505501250133624
BIC: HASPDEHHXXX
Stichwort: „Anderkonto EA G20 – G20 Asyl“
Kontoinhaberin: Ehrhardt, Ursula
Eine Reihe von Prozessen, die ihren Ausgang bei einer Veranstaltung der AfD in der Stadtbücherei Heidelberg im Mai 2017 genommen hatte, ist durch Einstellungsbeschluss des Landgerichts Heidelberg beendet worden. Zuvor hatte 2018 das Amtsgericht den Antifaschisten Michael Csaszkóczy zu 20 Tagessätzen verurteilt, weil er bei besagter Veranstaltung sich nicht auf Zuruf der AfD aus dem Foyer des Saales entfernt hatte. Die Stadt hatte den Veranstaltungsraum – benannt nach der den Nazis knapp entkommenen Heidelberger Schriftstellerin Hilde Domin – ausgerechnet der AfD für eine Wahlkampfveranstaltung vermietet.
Dem Urteil folgten weitere Strafbefehle: So soll Michael einen Polizisten am Rande eines Straßenfestes als „Würstchen“ bezeichnet haben, und als er den diesbezüglichen Strafbefehl, dem eine gewisse humoristische Qualität sicher nicht abzusprechen war, im Internet ausstellte, flatterte ein weiterer Strafbefehl ins Haus: §353d StGB „Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“ – auch routinierte Rechtshelfer*innen aus der Roten Hilfe mussten zunächst nachlesen, dass die dritte Alternative des Paragraphen wirklich so gelesen werden kann, dass auch skandalöse Strafbefehle nicht im Wortlaut in der Öffentlichkeit zitiert werden dürfen, solange es keine Verhandlung gab. Unterschrieben hat die Urteile bzw. Strafbefehle die Richterin Julia Glaser, Schwiegertochter von Albrecht Glaser, dem AfD-Bundestagsabgeordneten, der wegen seiner rabiaten antiislamischen Positionen 2017 als Bundestags-Vizepräsident durchgefallen war. Ihre Beteuerung, trotz der persönlichen Verflechtungen unbefangen zu urteilen, erschien spätestens mit der Begründung im Prozess von 2018 zweifelhaft: Michael hätte demnach zwar nicht einfach so die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen verweigert werden dürfen, aber sein Ausschluss sei dennoch gerechtfertigt, weil die Polizei ihn als „Rädelsführer“ ansehe, der in diesem Fall sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verwirkt habe.
Seit dem 8. Januar 2021 befindet sich der politische Gefangene Dimítris Koufontínas im Hungerstreik, um gegen die schikanösen staatlichen Angriffe auf seine Person zu protestieren. Vorausgegangen war bereits eine Gesetzesänderung, die die griechische Regierung genau auf ihn zugeschnitten hat: Demnach dürfen Gefangene, die als Terrorist*innen verurteilt oder angeklagt wurden, nicht mehr in Haftanstalten mit etwas weniger rigideren Bedingungen untergebracht werden, sondern müssen in ihre früheren Gefängnisse zurückverlegt werden. Aufgrund dieses Gesetzes wurde Dimítris Koufontínas aus dem Landwirtschaftsgefängnis bei Vólos widerrechtlich in das Hochsicherheitsgefängnis in Domokós verlegt. Koufontínas befindet sich als Mitglied der revolutionären Guerilla-Organisation 17. November (17N) in Haft, seit er sich 2002 freiwillig gestellt hatte.
Das jetzige Vorgehen der staatlichen Repressionsorgane ist nicht nur eine unübersehbare Schikane gegen den kämpferischen Gefangenen, die dank des neuen Gesetzes möglich ist, sondern zugleich ein offener Rechtsbruch. Koufontínas wurde nämlich nicht – wie es die neue Regelung vorsieht – in sein früheres Gefängnis in Athen zurückverlegt, sondern ohne Vorwarnung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in das weit entfernte Domokós verschleppt.
Bundesweit sehen sich aktive Antifaschist*innen mit einer Vielzahl an Kriminalisierungsversuchen konfrontiert. Ein Ausdruck hiervon sind zahllose Strafverfahren an deren Ende immer öfter Haftstrafen stehen. Bittere Höhepunkte im vergangenen Jahr waren die Inhaftierungen von Jo und Dy in Stuttgart und von Lina in Leipzig. Die militante antifaschistische Praxis gegen Nazis wird juristisch hoch gehängt. Schnell wird ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs, eine kriminelle Vereinigung oder gar ein versuchter Totschlag konstruiert. Höchste Zeit für lautstarken Protest gegen diese Verschärfung der Repression. Die Rote Hilfe e.V. ruft daher zur Teilnahme an der überregionalen Antirepressionsdemo am 20. März 2020 in Stuttgart auf.
Im sogenannten k.o.m.i.t.e.e.-Verfahren gegen drei Genossen aus Deutschland konnte jüngst ein Erfolg verbucht werden: Die "Commission for the Control of Files" (CCF) von Interpol hat der Beschwerde des Rechtsanwalts Benjamin Derin stattgegeben. Damit wurde die Rote Ausschreibung, auch „Red Flag“ genannt, gegen Thomas Walter, einen der Verfolgten, zurückgenommen. Begründung ist das laufende Asyl-Verfahren des Aktivisten in Venezuela. Vorgeworfen werden den drei Genossen die Durchführung eines Brandanschlages gegen das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde 1994 sowie die versuchte Sprengung eines Abschiebeknastes im darauf folgenden Jahr.
Der Haftbefehl des Bundesgerichtshofes ist damit zwar nicht aufgehoben worden, aber die Fahndung außerhalb Europas muss jetzt eingestellt werden. Erst 2020 war Peter Krauth, ein weiterer der betroffenen Genossen, wegen einer solchen Roten Ausschreibung für vier Monate unter unmenschlichen Bedingungen im Interpol-Büro in Caracas gefangen gehalten worden, bis der Oberste Gerichtshof Venezuelas schließlich seine Freilassung anordnete. Dass die Rote Ausschreibung annulliert wurde, ist ein ungewöhnlicher Erfolg. Üblicherweise übernimmt Interpol alle Fahndungen eines Mitgliedstaates ungefragt, wodurch die Roten Ausschreibungen oft zu einem Instrument politischer Verfolgung werden. Dass ausgerechnet eine von Deutschland veranlasste Fahndung gelöscht wird ist angesichts der Tatsache, dass Interpol aktuell durch einen deutschen Polizeibeamten geführt wird, umso überraschender. Die CCF räumt mit dieser Entscheidung ein, dass die internationale Fahndung gegen die drei Beschuldigten seit Jahren unrechtmäßig war.
Wie in jedem Jahr gibt es rund um den Tag der politischen Gefangenen am 18. März zahlreiche Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit. In vielen Städten finden Kundgebungen und Demonstrationen statt, bei Online-Veranstaltungen werden die Fälle inhaftierter Aktivist*innen in der BRD und international vorgestellt, und der Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. bringt wieder die jährliche Sonderzeitung zum 18. März sowie Plakate und Aufkleber heraus.
Die 18.3.-Sonderzeitung liegt ab Ende Februar 2021 in fünf Zeitungen bei:
- am 26. Februar in der jungen Welt
- am 11. März in der Jungle World
- am 12. März in unsere zeit
- am 16. März in analyse & kritik
- am 16. März im Neuen Deutschland
In diesen Ausgaben könnt ihr euch also auf die 18.3.-Beilage in euren Abonnement-Ausgaben freuen oder sie am Kiosk kaufen.
Wenn ihr größere Mengen an Zeitungen, Plakaten und Aufklebern bestellen möchtet, um sie bei Demonstrationen zu verbreiten oder an Genoss*innen und linke Projekte in eurer Umgebung weiterzuverteilen, könnt ihr sie kostenlos bestellen.
Bitte schickt die Mengenangaben und bei Bedarf eine paketfähige Lieferadresse an This e-mail address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.
Weitere Informationen zu den bundesweit geplanten Veranstaltungen rund um den Tag der politischen Gefangenen folgen Anfang März.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Politische Prozesse und Aussageverweigerung.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.